Aufgedonnerte Diven im Scheinwerferlicht, Montag, 0.05 Uhr, ORF 2

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Der Phoenix ist gelandet und greift um sich: Im Taumel des Sieges hat sich das Land dem totalen Wurstismus verschrieben. Nichts und niemandem ist es Wurst, was die Wurst Österreich geschenkt hat, nämlich endlich wieder einmal wer zu sein, jetzt aber echt!

Davon bleibt seit Wochen niemand verschont, was gut ist, denn aufmerksame Leser und Seher bemerken, wie sich die Inhalte verändern. Die Frau mit Bart ist akzeptiert - nicht nur das, Herr und Frau Österreicher dürfen stolz sein, sogar der Stammtisch ist verstummt. Was für ein Sieg! Die Kombination Life Ball und Conchita ist sowieso unschlagbar, dem Toleranzgedanken wird viel Raum gegeben. Das ist doch schön.

Foto: AP/Zak

So schön wie der Dokfilm "Das dritte Geschlecht" über transsexuelle Menschen in Brasilien. Der ORF reicht den Film Montag, 0.05 Uhr, ORF2, nach. Zu sehen waren aufgedonnerte Diven, die sich stolz im Scheinwerferlicht präsentierten. Marianne Greber war schon 2008 in Rio und trafen Männer, die als Kunstfiguren leben und sich nicht zwingend als tragische Existenzen sehen, so wie das sonst gerne bei Dokumentationen dieser Art mitschwingt.

Foto: ORF/Greber

Luana Muniz, knapp fünfzigjährige, welke Schönheit, erzählt vom vergeblichen Kampf um die Perfektion, den man nur verlieren kann. Luana ist weise, sie hat den Krieg aufgegeben: "Der Transvestit ist einer der wenigen Winkel, in denen der Mensch noch träumen kann."

Foto: ORF/Greber

Apropos träumen: Vielleicht lässt sich eines Tages, irgendwann einmal ein solcher Film mit Originaltönen und Untertiteln zeigen. Auch das hat übrigens etwas mit Toleranz und Respekt zu tun, nämlich dem Werk gegenüber. Und darin sind wir doch jetzt voll gut, oder? (Doris Priesching, DER STANDARD, 2.6.2014)

Foto: ORF/Greber