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Corinna Kuhnle fühlt sich im Wiener Wildwasserkanal pudelwohl.

Foto: APA/Neubauer

Wien - Blind könnte sie die Strecke nicht runterfahren. Corinna Kuhnle kennt den Wiener Wildwasserkanal aber schon ziemlich gut. "Seit Anfang März trainiere ich hier fast jeden Tag." Ihren Wohnsitz hat sie des Sportes wegen nach Wien, in den dritten Gemeindebezirk, verlegt. Liegt näher an der Wildwasserarena im 22. Bezirk, als Kuhnles Heimatort Höflein an der Donau.

Als eine der Ersten durfte die 26-Jährige im Vorjahr den 250 Meter langen Kanal erpaddeln. Im August wurde Österreichs erste künstliche Wildwasserstrecke nahe der Steinspornbrücke auf der Donauinsel eröffnet. Anspruchsvoll sei sie, sagt Kuhnle. Und sinnvoll ist sie für den heimischen Kanusport, der zu den ertragreichsten Sommersportarten aus österreichischer Sicht zählt.

Vor Eröffnung der Wiener Anlage übte Kuhnle häufig in Bratislava. In Österreich standen nur Naturstrecken zur Verfügung. "Das ist, wie wenn Kunstbahnrodler auf einer Naturbahn trainieren müssen", sagt Walter Aumayr. Der 75-jährige Oberösterreicher ist Präsident des Österreichischen Kanuverbandes (ÖKV) und gleichzeitig Geschäftsführer der Betreiberfirma des Wiener Kanuzentrums. Mit der rund fünf Millionen Euro teuren Anlage soll vor allem die Nachwuchsarbeit vorangetrieben werden. Aumayr: "Hier können wir gezielte Jugendarbeit ohne Gefahr betreiben."

Goldhoffnung

Vorerst aber wird in Wien um EM-Medaillen gepaddelt. Im Kajak-Slalom (Qualifikation am Freitag, Halbfinale und Finale am Sonntag) zählt Kuhnle zu den Favoritinnen. 2010 und 2011 war die Niederösterreicherin schon Weltmeisterin. EM-Edelmetall vor eigenem Publikum wäre für sie trotzdem etwas Besonderes. Das Ziel ist Gold. "Ich will immer gewinnen." Mit einer Medaille anderer Farbe könnte sie auch gut leben, zumal die Konkurrenz stark ist. Die Slowakinnen und die Spanierin Maialen Chourraut, die nach einer Babypause wieder paddelt, nennt sie als stärkste Gegnerinnen. Nicht zu unterschätzen sind auch Kuhnles Landsfrauen Violetta Oblinger-Peters (36) und Viktoria Wolffhardt (19).

Oblinger-Peters wurde 2005 Europameisterin, 2008 Olympia-Dritte in Peking. Wolffhardt holte im Vorjahr in Krakau überraschend EM-Bronze. Das Trio gilt zudem im Teambewerb am Sonntag als aussichtsreich. Medaillenchancen ausrechnen darf sich auch das Herren-Trio. Helmut Oblinger, Herwig Natmessnig und Andreas Langer gewannen bereits 2012 gemeinsam Bronze. Der 41-jährige Oblinger war 2005 Europameister im Kajak-Einer. Die 25-jährige Kärntnerin Julia Schmid ist Österreichs einzige Vertreterin im Canadier-Bewerb. 2013 gewann sie EM-Silber.

Walter Aumayr will seine Sportler nicht zu sehr unter Druck setzen, weshalb er das bescheidene Ziel von einer Medaille ausgibt. "Im Kanu-Slalom kann alles passieren - wie bei den Skifahrern." Zudem hofft er auf volle Tribünen, etwa 1000 Zuschauer. Auf Werbung für den Sport sowieso. "Kanu ist ein Actionsport." Rafting auch. Das kann auch in der Wildwasserarena betrieben werden. Die Strecke wird vermietet. "Sie soll sich selbst erhalten." Vorerst aber steht die EM im Fokus. In Kuhnles sowieso. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 30.5.2014)