Die Postkartenidylle täuscht: Auch nach 70 Jahren lässt das Schicksal der Goldegger Deserteure die Emotionen im Ort noch hochgehen.

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Der Entwurf für den Gedenkstein, der an die Goldegger NS-Opfer erinnert.

Foto: Anton Thuswaldner/SGKK

Salzburg - Im monatelang öffentlich ausgetragenen Streit um die Verlegung eines Gedenksteins für Deserteure und andere NS-Opfer im Pongauer Goldegg gibt es eine überraschende Wende: Nachdem die Verlegung eines vom Bildhauer Anton Thuswaldner gestalteten ebenerdigen Gedenksteins im Innenhof des Schlosses Goldegg am Widerstand der Gemeinde gescheitert war, springt jetzt die Gebietskrankenkasse ein.

Die Salzburger Krankenkasse betreibt in Goldegg ein Regenerationszentrum und gewährt dem Gedenkstein auf dem im Ort prominent gelegenen Grundstück "Asyl", wie es in einer Mitteilung der Unterstützerinitiative heißt. Die Tafel erinnert an 14 Menschen, die im Rahmen einer SS-Aktion gegen eine kleine Deserteursgruppe am 2. Juli 1944 oder in den Monaten darauf in diversen KZs ermordet worden waren.

Gegen das NS-Regime

"Die Sozialversicherung ist nach 1945 bewusst aufgebaut worden, um dem Entstehen totalitärer Regime durch eine breite soziale Absicherung entgegenzuwirken", sagt Kassenobmann Andreas Huss. Es sei wichtig, an diejenigen zu erinnern, die sich gegen das NS-Regime aufgelehnt haben. Die Verlegung ist am 27. Juni geplant, wenige Tage vor dem 70. Jahrestag des Sturms der SS auf die Verstecke der Wehrmachtsdeserteure.

"Dankbar" und "froh" sind die Worte, die Brigitte Höfert zur Haltung der Gebietskrankenkasse dazu als Erstes einfallen. Die heute 74-Jährige ist die Tochter von Karl Rupitsch, dem im Herbst 1944 in Mauthausen ermordeten Anführer der Wehrmachtsdeserteure. Gemeinsam mit dem Historiker Michael Mooslechner bemüht sich Höfert seit Jahren um ein Mahnmal für die Goldegger NS-Opfer.

Dialogprozess

Aber sowohl Bürgermeister Hans Fleißner (ÖVP) als auch der Obmann des Goldegger Kulturvereins, Cyriak Schwaighofer, stellten sich gegen eine Verlegung im Hof des Schlosses Goldegg zum 70. Jahrestag der SS-Kommandoaktion. Fleißner wollte das Denkmal am Ort "des tragischen Geschehens" und damit weit vom Ortszentrum entfernt errichtet sehen.

Schwaighofer - er ist auch Klubobmann der Grünen im Landtag - wiederum befand, dass aufgrund der kontroversiellen Meinungen zum Thema vor einem Denkmal ein breiter Dialog im Ort zu führen sei. Das Vorhaben der Krankenkasse begrüßt er aber. Dies schaffe "Zeit und Raum, den Dialogprozess in Goldegg zielstrebig, aber in Ruhe, zu führen". (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 30.5.2014)