Wien - Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) will die Reform des Amtsgeheimnisses im Sommer beschließen. Bis dahin sollen offene Fragen mit Parteien und Ländern geklärt werden. Eine Einladung an die Parlamentsklubs wurde bereits verschickt. Zu besprechen gibt es einiges: Kritikern ist die Informationspflicht zu zahnlos, vielen Behörden geht sie wiederum zu weit, und die Länder befürchten Mehrkosten.

Beschluss im Ministerrat geplant

Wie Ostermayers Sprecher der APA sagte, soll der Entwurf für die Streichung des Amtsgeheimnisses aus der Verfassung im Sommer im Ministerrat beschlossen werden. Weil für die entsprechende Verfassungsmehrheit auch die Stimmen der Opposition nötig sind, hat Ostermayer den Parlamentsklubs angeboten, offene Fragen mit den Experten des Verfassungsdienstes im Kanzleramt zu besprechen. Außerdem sollen Verhandlungen mit den Ländern erfolgen.

Länder fürchten Zusatzkosten

Letztere werden schon allein aus finanziellen Gründen nötig sein. Salzburg befürchtet nämlich eine massive Kostenbelastung durch die geplante Informationspflicht gegenüber den Bürgern und hat den "Konsultationsmechanismus" ausgelöst. Damit muss der Bund nun mit den Ländern darüber verhandeln, wie allfällige Mehrkosten finanziert werden sollen. Auch das Burgenland als derzeitiges Vorsitzland in der Landeshauptleutekonferenz befürchtet in seiner Stellungnahme zum Gesetz einen "unabschätzbaren Verwaltungsaufwand". Daher will das Burgenland den Ländern die Möglichkeit geben, Informationsaufgaben nur zu erfüllen, wenn damit "die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht beeinträchtigt wird".

Zugang zu Information erleichtern

Grundsätzlich sieht der Entwurf des Kanzleramts vor, dass das Amtsgeheimnis aus der Verfassung gestrichen werden soll. Das Kanzleramt sieht darin einen Systemwechsel, weil die Herausgabe von Informationen nicht mehr nur im Ausnahmefall erfolgen soll: Bund, Länder und Gemeinden sollen verpflichtet werden, "Informationen von allgemeinem Interesse" wie Statistiken, Gutachten und Studien von sich aus zu veröffentlichen. Außerdem wird ein "Recht auf Zugang zu Informationen" in der Verfassung verankert - auch gegenüber öffentlichen Unternehmen, wenn deren Wettbewerbsfähigkeit damit nicht gefährdet wird.

Geheimhaltungsgründe bleiben

Kritiker bemängeln allerdings, dass der Entwurf im Wesentlichen die selben Geheimhaltungsgründe vorsieht, die jetzt schon beim Amtsgeheimnis zur Anwendung kommen (u.a. öffentliche Sicherheit, zwingende außenpolitische Gründe, Vorbereitung von Entscheidungen, aber auch wirtschaftliche und finanzielle Interessen des Staates). Zudem können weitere Geheimhaltungsgründe "zur Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen" per Gesetz nachgereicht werden. Unklar ist außerdem noch, wie der Zugang zu den Informationen in der Praxis funktionieren würde und wie viel Spielraum die Länder bei der Umsetzung erhalten, denn das dazu nötige Ausführungsgesetz liegt noch nicht vor.

Das "Forum Informationsfreiheit", das die Diskussion um das Amtsgeheimnis angestoßen hatte, fordert daher eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs, weniger Ausnahmen und die gleichzeitige Vorlage des Ausführungsgesetzes ("Informationsfreiheitsgesetz"). Kritik an den vielen Ausnahmen kam in der Begutachtung auch vom ÖAMTC. Und das Boltzmann-Institut für Menschenrechte schlägt eine unabhängige "Informationsfreiheitsbehörde" nach slowenischem Vorbild vor, die bei Informationsverweigerung angerufen werden könnte: "Mit dem vorliegenden Entwurf wird die Situation nicht maßgebend verbessert."

Ausnahmen gefordert

Bei Verwaltung und Interessensgruppen sorgt der Entwurf aber offenbar für einige Unruhe. In der Begutachtung forderten nämlich Dutzende betroffene Stellen zusätzliche Ausnahmen. So will das Unterrichtsministerium die Streichung von "Wissenschaft, Forschung, Lehre, Unterricht und Prüfung" aus der Informationspflicht, weil Schüler sonst an Prüfungsfragen kommen könnten. Der Städtebund findet die Veröffentlichung von allgemeinen Gutachten "nicht sinnvoll", weil diese "die praktizierte Tätigkeit der Verwaltung in Frage stellen" könnten.

Die Landwirtschaftskammer würde wiederum auch Naturdaten gerne unter Verschluss halten, denn diese seien in Wahrheit" höchst sensible Wirtschafts- und Betriebsdaten (Holzvorrat, Bewuchs, ...). Ähnlich die Wirtschaftskammer mit Verweis darauf, dass bei Behörden vorhandene Informationen über Inhalt und Wirkung von Chemikalien Betriebsgeheimnisse der betroffenen Firmen darstellen. Und die Arbeiterkammer findet die ohnehin eingeschränkte Auskunftspflicht der Kammern nur ihren Mitgliedern gegenüber schon zu weitreichend, weil das angesichts der Millionen Mitglieder "de facto eine totale Transparenz" bedeute. (APA, 29.5.2014)