LG hat sein neues Android-Flaggschiff, das G3 vorgestellt. Es bietet als erstes Modell ein 5,5 Zoll großes Quad-HD-Display.

Foto: Standard/Riegler

Kein Metall: das Gehäuse des G3 soll wie gebürstetes Aluminium wirken, besteht aber aus Plastik.

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Neu bei der Kamera ist der Laser-Autofokus, der besonders schnell fokussieren und eine schnellere Aufnahme ermöglichen soll. Tatsächlich trifft das nur unter bestimmten Umständen zu.

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Das Interface hat LG nach Kritik erwachsener gestaltet, mit "flachen" Icons und zurückhaltendere Farben.

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Praktisch: die Höhe des Keyboards kann verstellt werden.

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Der "Smart Notice"-Assistent macht nutzungsbasierte Vorschläge, etwa nicht genutzt Apps zu löschen.

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Als Zubehör bietet LG für das G3 unter anderem die QuickCircle-Schutzhülle mit Sichtfenster auf zentrale Funktionen an.

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Unter dem Motto “Simple is the New Smart” präsentierte LG am 27. Mai in London sein neues Android-Flaggschiff. Simpel sollen beim LG G3 das Design und die neu gestaltete Benutzeroberfläche sein. Ansonsten will der Hersteller mit neuen Highend-Technologien hervorstechen. Der WebStandard konnte das neue Smartphones bereits kurz in Augenschein nehmen.

Aus der Masse hervorstechen

Der Smartphone-Markt ist von einer Fülle an Android-Modellen überschwemmt. Es gibt sie mittlerweile in allen Preisklassen und Größen. Für Hersteller wird es schwieriger sich von der Masse abzuheben, Kunden fällt die Wahl zwischen ähnlichen Modellen schwerer.

Wasserdichte Gehäuse, extravagante Kameratechnologien (oder zumindest extravagante Namen dafür) sowie biometrische Gimmicks wie Fingerabdrucksensoren und Pulsmesser sollen auf der Hardware-Seite hervorstechen. Smarte Assistenten und Sicherheitsfeatures sollen unter anderem auf der Software-Seite dafür sorgen, dass sich ein Gerät von den anderen abhebt.

LG kehrt beim G3 vor allem das Quad-HD-Display und einen Laser-Autofokus der Kamera als Alleinstellungsmerkmale hervor.

Design

Bei der Präsentation in London erklärte LG, dass ab einer Bildschirmdiagonale von 5,7 Zoll die Kategorie Phablet beginnt - ein Mix aus Tablet und Smartphone. Das G3 verfügt über ein 5,5 Zoll großes Display und geht somit noch als Smartphone durch. Im Vergleich zum Vorgänger, dem G2, ist der Bildschirm eine Spur größer. Das Gerät selbst ist im direkten Vergleich aber nur kaum merklich angewachsen.

Mit Abmessungen von 146,3 x 74,6 x 8,9 und einem Gewicht von 149 Gramm liegt es trotz des großen Screens noch gut in der Hand (sofern es sich nicht um sehr zierliche Hände handelt). Angenehm fallen hier die abgeschrägten Kanten auf. Einschalt- und Lautsprechertasten befinden sich wie schon beim G2 auf der Rückseite, wurden aber neu designt. An den Seiten gibt es keine Buttons.

Kunststoff mit Metallic-Finish

Im Vorfeld für etwas Verwirrung sorgte das Gehäusematerial. War zunächst von einem “Metallgehäuse” die Rede, stellte LG im Rahmen der Präsentation klar, dass es sich um ein Plastikgehäuse mit “Metallic-Finish” handle. Das soll Look and Feel von gebürstetem Aluminium nachahmen, aber leichter sein. Dieser Clou ist nicht ganz aufgegangen. Zwar fühlt sich die Rückseite des G3 nicht so billig und "schmierig" wie die anderer Plastik-Smartphones an. An gebürstetes Aluminium fühlt man sich aber nur entfernt erinnert.

Optional kann man das G3 in das QuickCircle-Case hüllen. Dieses bietet ein kreisrundes Sichtfenster, über das man bei geschlossenem Cover Zugriff auf zentrale Funktionen hat. Die Hülle kostet allerdings 25 Euro.

Display

Das Display ist, wie bereits erwähnt, mit 5,5 Zoll etwas größer als beim G2. Stärker erhöht wurde die Auflösung. Auf dem Screen finden 2.560 x 1.440 Pixel und insgesamt über 11 Millionen Subpixel Platz. Das ergibt eine Pixeldichte von 538 ppi. Um das zu erreichen hat LG die Pixelgröße nach eigenen Angaben um 56 Prozent reduziert.

Bei der Einführung des “Retina”-Displays des iPhones, hatte Apple erklärt, dass bei einer Pixeldichte jenseits der 300 ppi die einzelnen Pixel vom menschlichen Auge nicht mehr wahrgenommen werden können (jedenfalls im typischen Abstand, in dem man ein Handy vor seinen Augen hält.)

LG erklärte das bei der G3-Präsentation nun für Humbug. Auch bei höheren Pixeldichten könne man sehr wohl einen Unterschied erkennen. Nun macht das IPS-Display des G3 im Kurztest einen sehr guten Eindruck, ist kontrastreich und scharf. Im Vergleich zu Modellen mit Full-HD-Display, etwa dem Galaxy S5 (432 ppi), ist mit bloßem Auge jedoch kein gravierender Unterschied zu erkennen.

Akku

Ein Nachteil der immer größeren und höher auflösenden Displays ist, dass die mehr Strom verbrauchen. Dem will LG auf mehrere Arten entgegenwirken. So soll das G3 durch “Adaptive Frame Rates”, “Adaptive Clocking” und “Adaptive Time Control” so justiert sein, dass es je nach Nutzung den Akku stärker schont. Wie lange das Smartphone von seiner 3.000mAh-Batterie zehren kann, muss erst ein ausführlicherer Test feststellen.

Immerhin: macht der Akku schlapp, kann man ihn durch einen Ersatzakku auswechseln. Hier hat sich das Unternehmen Kritik an früheren Modellen zu Herzen genommen. LG bietet optional einen Wireless Charger an, mit dem sich das Smartphone kabellos aufladen lässt.

Kamera

Das zweite große Hardware-Feature, das LG als Alleinstellungsmerkmal des G3 anpreist, ist die Kamera mit LaserAutofokus, der das herkömmliche Autofokussystem ergänzt. Wie schon beim G2 kommt ein 13-Megapixel-Sensor mit Bildstabilisator zum Einsatz. Neu ist: der Abstand zwischen Kamera und Objekt wird durch einen Infrarotstrahl gemessen und soll dadurch blitzschnell fokussieren und schneller Auslösen, auch bei diffusem Licht. Laut LG benötigt der Fokus 0,276 Sekunden. Klingt in den Spezifikationen gut, muss aber etwas relativiert werden.

Das Laser-System fokussiert einige Punkte vor, die auf dem Display angezeigt werden. Tippt man diese zum Auslösen der Kamera an, wird das Foto tatsächlich fast ohne Verzögerung (eben um jene 0,276 Sekunden) aufgenommen. Will man allerdings auf einen anderen Punkt fokussieren, benötigt die Kamera etwas mehr Zeit. Schnell ist sie trotzdem.

Im Kurztest konnte die Bildqualität nur schwer beurteilt werden, da Fotos nur in grellem Kunstlicht möglich waren. Auf dem Display des G3 machen die Aufnahmen zumindest einen guten Eindruck. Positiv aufgefallen ist der Autofokus beim Dreh eines kurzen Videos (hier sind Aufnahmen bis zu 4k möglich). Auch bei schnelleren Bewegungen der Kamera blieb das Video scharfgestellt.

Selfie-Kamera

Eine weitere Neuheit bietet die Frontkamera. Diese verfügt über 2,1 Megapixel, für bessere Aufnahmen hat LG Bildsensor und Öffnung vergrößert. Die Test-Selfies sahen am Display tatsächlich besser als mit den Frontkameras einiger anderer Modelle aus. Zudem hat sich LG für den Selfie einen neuen Auslösemodus einfallen lassen. Man muss vor der Kamera nur die Faust ballen und nach drei Sekunden wird ein Foto gemacht. Im Handson funktioniert das tadellos.

Performance

Zur Performance des 2,5 Ghz schnellen Qualcomm-Prozessors Snapdragon 801 kann nach dem Kurztest noch nicht viel gesagt werden. Das Smartphone ist auf den ersten Blick schnell, die Bedienung flüssig, Apps starten flott. Die Alltags-Performance kann wie die Akkulaufzeit erst in einem längeren Test geklärt werden.

Speicher und weitere Ausstattung

LG bietet das G3 in zwei Varianten an, mit 16 GB Speicher und mit 32 GB. Über einen MicroSD-Karten-Slot kann der Platz für Fotos, Apps und Co noch erweitert werden. Etwas ungewöhnlich: das 16-GB-Modell verfügt über 2 GB Arbeitsspeicher, das 32-GB-Modell über 3 GB. Der Aufpreis von 50 Euro ist für das “größere” Modell jedoch moderat.

Zur Datenübertragung stehen WLAN a/b/g/b/ac, Bluetooth, NFC und USB 2.0 zur Verfügung. LTE-Unterstützung ist bei Geräten dieser Preisklasse mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, so auch beim LG G3.

derStandard.at

Software

Das Motto “Simple is the New Smart” bezieht LG auch auf das überarbeitete Interface. Android 4.2.2 Kitkat bekommt man beim G3 wie auch bei anderen LG-Modell nicht pur, sondern mit Modifikationen. Beim neuen Modell sind diese aber dezenter ausgefallen. LG hat hier auf die Kritik gehört, des es untere anderem am G2 gab. So orientiert sich sich das Interface an “Flat Design”, dezenteren Farben und dem Kreis als Ausgangspunkt für viele Designelemente. Die Benutzeroberfläche wirkt dank neuer Icons erwachsener und weniger aufdringlich.

Praktisch ist das Smart Keyboard: es lässt sich in der Höhe anpassen, Wortvorschläge können durch eine Wischgeste nach oben angenommen werden. Durch ein längeres Drücken der Leertaste kann der Cursor beliebig im Wort positioniert werden.

Mit “Smart Notice” orientiert sich LG am Trend, Smartphones mit intelligenten Assistenten auszustatten. LGs Variante schlägt beispielsweise nach einem abgelehnten Anruf später einen Rückruf vor. Es erinnert, eine Person zu einer Kontaktliste hinzuzufügen, rät länger nicht genutzte Apps und Dateien zu löschen und gibt Tipps zum Wetter.

Sicherheit

Bei den Sicherheitsfeatures hat sich LG dagegen entschieden, einen Fingerabdrucksensor zum Entsperren des Geräts einzubauen, wie ihn Samsung und Apple anbieten. Angesichts der Sicherheitsbedenken, die es bezüglich der Technologie gibt, soll diese Entscheidung durchaus nicht als Kritikpunkt gewertet werden.

Zum Entsperren des Geräts setzt LG auf den “Knock Code” - eine Abfolge individueller Tippmuster auf dem Display. Insgesamt sind 80.000 Kombinationen möglich, was diese Entsperrmethode laut LG sehr sicher macht. Ein Vorteil gegenüber dem Wischmuster: beim “Klopfen” kann man das Muster anhand von Fingertappern am Screen schwerer identifizieren.

Fazit

Im Kurztest hinterließ das G3 gemischte Gefühle. Zwar macht das Smartphone dank des hochauflösenden Displays und mit neuem Design einen guten Eindruck. Die Versprechungen LGs bezüglich des Gehäuses und des Laser-Fokussystems konnten zumindest im kurzen Handson nicht erfüllt werden. Im Vergleich zu anderen Highend-Modellen wirkt das G3 insgesamt schlichter und zurückhaltender, was nicht unbedingt ein Fehler sein muss.

In Österreich werden laut LG beide Speicher-Varianten auf den Markt kommen. Das 16-Modell wird 599 Euro (UVP) kosten, die 32-GB-Variante kommt auf 649 Euro. (Update: Bei einigen Händlern werden die beiden Geräte um jeweils 50 Euro billiger gelistet.) Als Marktstart gibt LG hierzulande Juni an. (Birgit Riegler aus London, derStandard.at, 1.6.2014)