„Peripheria #1“:_Martin Schnurs neueste, aktuell in der Galerie Bechter Kastowsky präsentierten Bildserien auf Kupfer heißen „Peripheria“ und „Peripherie“.

Foto: Daniela Beranek

Wien – Eine Randlage bedingt auch immer ein Zentrum. Oder umgekehrt: der Kern ein Umfeld. Peripherie. So hat Martin Schnur seine neueste Bildserie genannt, die aktuell in der Galerie Bechter Kastowsky präsentiert wird. Es sind Landschaftsstücke auf Kupferplatte, die nahelegen, Peripherie sei ein Ort, ein in gewisser Distanz liegender Raum, zu dem man sich aufmacht.

Aber bei Schnur brechen die Randlagen vielmehr ins Hier und Jetzt und in Bildwelten ein, wo man sie trotz aller trügerischen Düsternis nicht erwartet hätte. Fremdelnde (Spiegel-)Flächen kragen in den Wald, lehnen an Baumstämmen, schieben sich wie Mauerstücke über den Laubboden. In manchen der Naturstücke ist aber die Weite des Landschaftsausschnitts gar nicht mehr klar: Ob große weiße Halle auf der Klippe oder ein aus der Mäuseperspektive betrachteter Sockel – das lässt sich in den skizzenhaften Arbeiten mit durchaus abstrahierenden Qualitäten nicht mehr sagen.

Schnur formt Bruchkanten, an denen die Landschaften sich in ihr Gegenteil verkehren können: In Peripherie #4 stakst ein frühsommerblauer Himmel mitten hinein in eine Gewittertristesse. Im Bild #5 durchschneidet einfallendes Licht die fahle Wiesenszene wie eine milchige Fläche. Peripherie und Kern durchdringen sich in den Bildern wie Gemütszustände. Vielleicht begegnen sich aber auch nur Realitätsschnipsel aus unterschiedlicher Zeit.

Die harten Kontraste zwischen weichen, atmosphärischen Farbübergängen und scharfkantigen Farbflächen schafft Schnur durch Abklebungen. Aber selbst diese Grenzen lässt er brüchig und durchlässig werden, schleust Fehler in die Perfektion ein.

In den hellen, lasierenden Partien seiner Bilder schimmert sogar die warme Farbigkeit des Kupfers durch. Das ist einer der Gründe, warum sich Schnur so für den strukturlosen Metallmalgrund begeistert, der im 17. Jahrhundert so en vogue war. Die großen Formate bleiben aber weiters der Leinwand vorbehalten: In zwei Dirty Carpets führt er seine Meisterschaft für Turner-Wolkenhimmel, Stofflichkeit und Lichtreflexe vor – und für einander durchdringende Welten und Raumfalten. (Anne Katrin Feßler, Der Standard, 28. / 29. 5. 2014)