Erkki Tuomioja über seinen Job als Außenminister: "Wenn etwas passiert, sehe ich mich sofort mit einem Wald von Mikrofonen konfrontiert und soll eine Stellungnahme abgeben, obwohl es immer schwerer wird, zwischen korrekten und gefälschten Informationen zu unterscheiden."

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Kritik an der Ukraine-Strategie der EU äußerte am Dienstag Erkki Tuomioja, der Außenminister Finnlands: bei einem von der diplomatischen Akademie organisierten Vortrag erklärte er, die Reden mancher Politiker seien in Kiew als Druck interpretiert worden, sich für eine Annäherung an die Union oder an Russland zu entscheiden. Dieser Fehler rechtfertige aber nicht, dass Russland internationales Recht verletze.

Tuomioja sprach sich dafür aus, weitere Hilfszahlungen an die Ukraine von Fortschritten bei der Korruptionsbekämpfung abhängig zu machen. Auch die Aufklärung der auf dem Kiewer Maidan-Platz begangenen Verbrechen und der Brandstiftung in Odessa, bei der Anfang Mai 46 Menschen - vor allem prorussische Aktivisten – ums Leben kamen, sei erforderlich.

"Glauben Sie mir nicht"

Der Finne beklagte, dass im 21. Jahrhundert zwar Nachrichten viel schneller zur Verfügung stehen, es aber immer schwieriger werde, gezielt verbreitete Desinformation zu erkennen. Er forderte die Anwesenden scherzhaft auf, ihm besser nicht zu glauben, weil es ja sein könne, dass er Falschinformationen verbreite.

Aber auch offensichtliche Propagandameldungen enthielten oft ein Körnchen Wahrheit. Leider, so Tuomioja, verfügten internationale Organisationen wie die EU oder die OSZE nicht über die Kapazitäten, den Wahrheitsgehalt von Meldungen zu überprüfen.

Der Präsidentenwahl in der Ukraine, die Tuomioja als Erfolg bezeichnete, sollten nun "besser früher als später" Parlamentswahlen folgen. Russlands Entscheidung, als Reaktion auf die „Implosion der Regierung Janukowitsch“ in einer "Panikreaktion" die Krim zu annektieren sowie Separatisten zu bewaffnen, habe den "Geist aus der Flasche gelassen", der nun "keine Anweisungen, auch nicht aus Moskau", mehr befolge.

Der Außenminister erklärte, er erwarte keine Rückkehr zur Machtpolitik des vergangenen Jahrhunderts, die den Ersten Weltkrieg und weitere bewaffnete Konflikte auslöste. Allerdings sei es auch wichtig, sich zu erinnern, dass Russland nicht die einzige Weltmacht sei, die in den letzten Jahrzehnten auf Machtpolitik zurückgegriffen habe, was diesen Staaten aber keine Vorteile gebracht habe.

Tuomioja beteuerte, dass Finnland in absehbarer Zeit keine NATO-Mitgliedschaft anstrebe. Zu einem möglichen EU-Beitritt der Ukraine erklärte er, man wolle "keine neuen Mitglieder, die Konflikte mit ihren Nachbarn haben". Solche gelte es im Vorfeld zu klären, wobei er als positives Beispiel den Dialog zwischen Belgrad und Pristina nannte, der letztlich die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Serbien ermöglicht habe. (Bert Eder, derStandard.at, 27.5.2014)