Nach der Ankündigung des Journalisten Glenn Greenwald, mehrere noch unveröffentlichte Dokumente würden die Zusammenarbeit zwischen NSA und Österreich beleuchten, werden erneut Rufe nach umfassender Aufklärung laut. Die Regierungsparteien wiegeln ab, das Team Stronach sieht "keine Indizien" für ein Fehlverhalten der österreichischen Dienste. Die Verteidigungssprecher der Parlamentsfraktionen im Gespräch.

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Otto Pendl (SPÖ) sieht "derzeit" keinen Bedarf für einen Untersuchungsausschuss

STANDARD:  Haben Sie das Gefühl, als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschuss ausreichend über die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Geheimdiensten und NSA informiert zu werden?

Pendl: Österreichische Behörden arbeiten im Interesse der Sicherheit der ÖsterreicherInnen im In- und Ausland nicht nur mit der NSA, sondern auch mit zahlreichen anderen ausländischen Behörden und Diensten zusammen. Sei es zur Bekämpfung des Terrorismus, bei Geiselnahmen in Krisengebieten oder zum Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Als Vorsitzender des ständigen Unterausschusses ist es mir ein Anliegen, dass wir unsere Kontrollfunktion umfassend wahrnehmen und über die jeweiligen Kooperationen informiert werden.

STANDARD: Inwiefern hat die Bevölkerung ein Anrecht, umfassend über die Kooperation informiert zu werden?

Pendl: Sollten ausländische Nachrichtendiensten in Österreich tätig sein oder werden, dann ist dies ein Fall für das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und selbstverständlich den Staatsanwalt. Darüber hat die österreichische Bevölkerung informiert zu werden. Der zuständige Ausschuss ist der ständige Unterausschuss des Innenausschuss, der als Kontrollorgan in diesem Bereich tätig ist.

STANDARD: Welche Konsequenzen leiten Sie aus den zwei vorigen Antworten ab – würden Sie einen NSA-Untersuchungsausschuss wie in Deutschland befürworten?

Pendl: Da es keine Indizien gibt, dass österreichische Behörden illegal Informationen von ÖsterreicherInnen an die NSA weitergeitet haben – sonst hätten bereits die Gerichte damit befasst werden müssen – befürworte ich derzeit keinen NSA-Untersuchungsausschuss. Sollte sich an der Sachlage etwas ändern, ist diese Frage neu zu bewerten.

STANDARD: Ist Edward Snowden für Sie ein „Held“? Würden Sie hypothetisch einen Asylantrag des Whistleblowers in Österreich unterstützen?

Pendl: Eward Snowden ist für mich weder Held noch ein Verräter. Für Asylanträge gibt es eindeutige gesetzliche Grundlagen. Die Erfüllung dieser bestimmt, ob jemand in Österreich Asyl erhält oder nicht. Ob dies auf Edward Snowden zutrifft, kann ich nicht beantworten. Das müssen, wie in jedem anderen Fall, unabhängige Richter entscheiden.

Foto: APA/Schlager
Bernd Schönegger (ÖVP) bemängelt die "Auskunftsfreudigkeit" des Verteidigungsministers

STANDARD:  Haben Sie das Gefühl, als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschuss ausreichend über die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Geheimdiensten und NSA informiert zu werden?

Schönegger:  Es hat in der Vergangenheit durchaus Klärungsbedarf bezüglich "der Auskunftsfreudigkeit" des Ministers gegeben. Dies wurde zwischenzeitlich auch in einer Präsidiale erläutert bzw. geklärt. Insoferne erwarte ich mir für die nächste Sitzung eine ausreichende Information seitens des Ministers.

STANDARD: Inwiefern hat die Bevölkerung ein Anrecht, umfassend über die Kooperation informiert zu werden?

Schönegger: Hier gibt es das berechtigte Interesse der Bevölkerung, mit der klaren Begrenzung dort, wo es um die Sicherheit des Landes bzw. militärische Geheimnisse geht. Ist aber auch logisch, sonst wären derartige Dienste ganz prinzipiell sinnlos.

STANDARD: Welche Konsequenzen leiten Sie aus den zwei vorigen Antworten ab – würden Sie einen NSA-Untersuchungsausschuss wie in Deutschland befürworten?

Schönegger: Ein Untersuchungsausschuss ist nicht notwendig, da ohnehin ein dafür zuständiger Ausschuss eingerichtet ist, der ständige Unterausschuss.

STANDARD: Ist Edward Snowden für Sie ein „Held“? Würden Sie hypothetisch einen Asylantrag des Whistleblowers in Österreich unterstützen?

Schönegger:  Diese Frage stellt sich nicht.

Foto: Parlamentsdirektion/Wilke

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Elmar Podgorschek (FPÖ) - Anmerkung: Podgorschek ist als einziger Befragter nicht Wehrsprecher, Mario Kunasek war nicht erreichbar

STANDARD:  Haben Sie das Gefühl, als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschuss ausreichend über die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Geheimdiensten und NSA informiert zu werden?

Podgorschek: Auf keinen Fall. Im letzten Ausschuss haben wir keine Auskünfte erhalten.

STANDARD: Inwiefern hat die Bevölkerung ein Anrecht, umfassend über die Kooperation informiert zu werden?

Podgorschek: Es gehört zu einer Demokratie, die Bevölkerung miteinzubeziehen - zumindest in Form seiner Volksvertreter, denen im Ausschuss aber auch nichts gesagt wird.

STANDARD: Welche Konsequenzen leiten Sie aus den zwei vorigen Antworten ab – würden Sie einen NSA-Untersuchungsausschuss wie in Deutschland befürworten?

Podgorschek: Wir haben leidliche Erfahrung mit U-Ausschüssen, etwa beim Thema Hypo. Es würde reichen, wenn offen in den Gremien gesprochen würde. Aber wir werden alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen.

STANDARD: Ist Edward Snowden für Sie ein „Held“? Würden Sie hypothetisch einen Asylantrag des Whistleblowers in Österreich unterstützen?

Podgorschek: Nachdem die USA sich außerhalb des Gesetzes bewegt haben, ist Snowden durch seine Enthüllungen kein Verräter. Wir Freiheitlichen hätten ihm politisches Asyl gewährt.

Foto: APA/Jäger

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Peter Pilz (Grüne) nennt das Verhalten der Regierung "bananenrepublikanisch"

STANDARD:  Haben Sie das Gefühl, als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschuss ausreichend über die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Geheimdiensten und NSA informiert zu werden?

Pilz: Nein, natürlich nicht - überhaupt nicht! Wir werden nur von der NSA selbst weniger informiert.

STANDARD: Inwiefern hat die Bevölkerung ein Anrecht, umfassend über die Kooperation informiert zu werden?

Pilz: Es geht um Gesetzesbrüche und ausländische Interventionen. Niemand weiß, wieviele Österreicher von der Überwachung betroffen sind - die Bevölkerung muss darüber informiert werden.

STANDARD: Welche Konsequenzen leiten Sie aus den zwei vorigen Antworten ab – würden Sie einen NSA-Untersuchungsausschuss wie in Deutschland befürworten?

Pilz: Ein U-Ausschuss ist unausweichlich. Es ist zu klären, warum die Regierung so bananenrepublikanisch agiert und Befehle aus den USA empfängt. 

STANDARD: Ist Edward Snowden für Sie ein „Held“? Würden Sie hypothetisch einen Asylantrag des Whistleblowers in Österreich unterstützen?

Pilz: Snowden hat etwas enorm Wichtiges getan, daher ist ein Asyl auch klar und absolut zu unterstützen.

Foto: APA/Schlager
Christoph Vavrik (Neos) empfindet Sympathie für Whistleblower Edward Snowden

STANDARD:  Haben Sie das Gefühl, als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschuss ausreichend über die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Geheimdiensten und NSA informiert zu werden?

Vavrik: Nein.

STANDARD: Inwiefern hat die Bevölkerung ein Anrecht, umfassend über die Kooperation informiert zu werden?

Vavrik: Das ist schwierig zu beantworten. Natürlich sind nachrichtendienstliche Aktivitäten immer vertraulich, daher gibt es auch Ausschüsse mit einem kleinen Kreis von Volksvertretern. Diese müssen allerdings in der Lage sein, die Geheimdienste zu kontrollieren.

STANDARD: Welche Konsequenzen leiten Sie aus den zwei vorigen Antworten ab – würden Sie einen NSA-Untersuchungsausschuss wie in Deutschland befürworten?

Vavrik: Ich glaube nicht, dass ein U-Ausschuss hier zielführend wäre. Es gibt gesetzliche Grundlagen, um die Kontrolle der Geheimdienste zu regeln. Wenn sich der Verteidigungsminister allerdings auf die Verschwiegenheit beruft, entsteht eine Patt-Situation. Die Regierungsmehrheit muss hier ein Machtwort sprechen, aber das ist ein Problem des gelebten Parlamentarismus im Allgemeinen.

STANDARD: Ist Edward Snowden für Sie ein „Held“? Würden Sie hypothetisch einen Asylantrag des Whistleblowers in Österreich unterstützen?

Vavrik: Ich persönlich sehe ihn weder als Held noch als Verräter. Die USA sind ein Rechtsstaat und ich habe das Gefühl, dass die NSA die US-Normen verletzt hat. Daher war es Snowdens Recht und Pflicht, dies aufzuzeigen. Ich glaube, er darf mit einem ordentlichen Verfahren in den USA rechnen, verstehe aber, wenn man nach Guantanamo und anderen Rechtsskandalen unsicher ist. Zur Frage des Asyls: Snowden ist nicht als politisch Verfolgter, sondern als strafrechtlich Verfolgter zu bezeichnen. Ihm Asyl zu gewähren, wäre eine Abwertung des Asylrechts. Meine Sympathie liegt aber bei ihm.

Foto: Parlamentsdirektion/Simonis
Georg Vetter (Team Stronach) sieht keine Indizien für Fehlverhalten der österreichischen Behörden

STANDARD:  Haben Sie das Gefühl, als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschuss ausreichend über die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Geheimdiensten und NSA informiert zu werden?

Vetter: Darüber darf ich keine Auskunft erteilen.

STANDARD: Inwiefern hat die Bevölkerung ein Anrecht, umfassend über die Kooperation informiert zu werden?

Vetter: Wir sind eine Partei, die - wie Sie wissen - für Transparenz steht. Ich glaube aber nicht, dass sämtliche Aktivitäten der Geheimdienste öffentlich sein sollten. Es gab Entführungen österreichischer Bürger in Afrika, wo wir mit anderen Diensten zusammengearbeitet haben, das war wichtig.

STANDARD: Welche Konsequenzen leiten Sie aus den zwei vorigen Antworten ab – würden Sie einen NSA-Untersuchungsausschuss wie in Deutschland befürworten?

Vetter: Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich davon aus, dass sich österreichische Behörden, Polizisten und die Sicherheitsdienste ans Gesetz gehalten haben. Ich sehe auch keine Indizien für anderweitiges Verhalten.

STANDARD: Ist Edward Snowden für Sie ein „Held“? Würden Sie hypothetisch einen Asylantrag des Whistleblowers in Österreich unterstützen?

Vetter: Ich werde als Nicht-US-Staatsbürger nicht über einen US-Staatsbürger urteilen. (fsc, derStandard.at, 27.5.2014)

Foto: Pressefoto/Team Stronach