Noch am Freitag hatten ihm in Rom 250.000 Anhänger zugejubelt. Vor der Lateran-Basilika hatte Beppe Grillo die "letzten Tage von Pompeij" beschworen: "Wir jagen sie alle zum Teufel! Diese Wahl wird ein Triumph für uns!"

Um seinen Erfolg, "an dem es keinen Zweifel gibt", angemessen zu zelebrieren, hatte Grillo in Mailand schon eine Pressekonferenz einberufen. Doch die Wahlnacht wurde für den Gründer der Fünf-Sterne-Bewegung zum Albtraum: Gegen drei Uhr rieben sich die TV-Seher ungläubig die Augen: Da hatten die Linksdemokraten von Premier Matteo Renzi die Traumgrenze von zehn Millionen Wählern überschritten und legten weiter zu!

Renzis Triumph gilt als Sensation: Mit über 40 Prozent knüpfte er an die Ergebnisse der einst allmächtigen Democrazia Cristiana aus den 1950er-Jahren an. Mit über elf Millionen Stimmen übertraf er sogar Angela Merkels CDU deutlich und machte den Partito Democratico (PD) zur erfolgreichsten Partei im EU-Parlament. Als einziger amtierender Regierungschef der EU fuhr er am Sonntag einen ungefährdeten Sieg ein.

Im Hauptquartier der Fünf-Sterne-Bewegung machte sich hingegen Entsetzen breit. Grillos Pressekonferenz wurde abgesagt. Obwohl der PD doppelt so viele Stimmen wie die Grillini eingeheimst hatte, wurden Kommentare konsequent verweigert: Man wolle "das amtliche Endergebnis abwarten". Am Montag wurde schließlich eine Videobotschaft Grillos angekündigt.

Auch Silvio Berlusconi hatte wenig Anlass zur Freude: Forza Italia stürzte von 35 auf knapp 17 Prozent ab. Nur wenige Stunden später forderte sein ehemaliger Kommunikationsminister Maurizio Gasparri die Wahl eines neuen Vorsitzenden: Der Machtkampf um die Nachfolge des Ex-Premiers hat voll eingesetzt.

Renzis Koalitionspartner Angelino Alfano schaffte die Vier-Prozent-Hürde ebenso hauchdünn wie der Italien-Ausleger der linken Tsipras-Partei. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 27.5.2014)