Keine 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale in der Ukraine traten die beiden Sieger am Montag erneut vor die Öffentlichkeit. Der zukünftige Präsident Petro Poroschenko und der designierte Bürgermeister Kiews Witali Klitschko skizzierten, wie es nun weitergehen soll.
Poroschenko kündigte an, am 4. Juni nach Polen zu fahren, wo er auch US-Präsident Barack Obama treffen will. Auch die Krisenregion in der Ostukraine will er besuchen, es blieb aber offen, wann. Erst einmal werde der Antiterroreinsatz gegen die Separatisten fortgeführt. In Donezk ging die ukrainische Armee massiv gegen prorussische Flughafenbesetzer vor.
Poroschenko bot all jenen eine Amnestie an, die "kein Blut an den Händen haben, mit Terroristen aber kann ich nicht verhandeln", sagte der milliardenschwere Schokoladenfabrikant.
Zugleich deutete Poroschenko Zugeständnisse an: So solle die russische Sprache offiziellen Status in den russisch geprägten Gebieten der Ostukraine erhalten. Eine Stabilisierung der Lage dort sei "ohne russische Vertreter, ohne ein Treffen mit der russischen Führung unmöglich".
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor in Moskau erklärt: "Wir sind bereit zum Dialog mit Poroschenko." Russland respektiere den Willen des ukrainischen Volkes. Ausdrücklich anerkannt wird das Wahlergebnis von Moskau aber nicht.
Klitschko kündigte Reformen an, "die zu mehr Transparenz und weniger Korruption führen". Dabei soll die Hauptstadt eine Art "Forschungslabor" werden, dort will Klitschko ausprobieren, was dann auch in anderen Landesteilen umgesetzt werden soll.
Vor Regierungsumbildung
Poroschenkos Vereidigung wird für 9. oder 10. Juni erwartet, danach soll die Regierung umgebildet werden. "Noch am Tag meiner Amtseinführung werde ich einen neuen Außenminister, einen neuen Generalstaatsanwalt und einen neuen Sicherheitschef ernennen", sagte der gewählte Präsident. Arseni Jazenjuk soll vorerst Regierungschef bleiben.
Der selbsternannte Anführer der "Volksrepublik Donezk" Denis Puschilin sagte vor Medien in Donezk, er sei bereit, unter bestimmten Voraussetzungen mit Poroschenko zu verhandeln. Dabei solle Russland eine Vermittlerrolle spielen. Einen Besuch Poroschenkos in die Krisenregion lehnte er ab, damit würde die Lage noch verschärft. Puschilin hatte am Montag die Verhängung des Kriegsrechtes und eine Generalmobilmachung erklärt.
Nach Auszählung von 90,01 Prozent der Stimmen kommt Poroschenko auf 54,33 Prozent der Stimmen. Auf Platz zwei folgt mit großem Abstand Julia Timoschenko mit 13 Prozent. Die frühere Regierungschefin traf sich am Montagvormittag mit ihren Beratern. Dass sie sich aus der Politik zurückziehen wird, glauben die ukrainischen Medien nicht.
Die internationalen und die ukrainischen Wahlbeobachter zogen am Montag eine weitgehend positive Bilanz. Dort wo die Menschen an der Abstimmung teilnehmen konnten, sei es nur zu "minderschweren Verstößen" gekommen, sagte Alexander Tschernenko, Vorsitzender des Wählerkomitees. Auch die OSZE zeigte sich zufrieden. "Die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine fanden in Übereinstimmung mit den internationalen Normen und Standards statt", sagte Joao Soares, Sonderkoordinator der OSZE-Mission, in Kiew. Trotz der schwierigen Situation im Osten sei es den Behörden gelungen, Wahlen abzuhalten, obwohl es massive Störversuche gegeben habe. Die Wahlbeteiligung sei mit 60 Prozent hoch gewesen, gemessen an den Problemen in den Regionen Luhansk und Donezk. (Nina Jeglinski aus Kiew, DER STANDARD, 27.5.2014)