Wien – Tiqqun ist ein anonymes französisches Autorenkollektiv, das poetische Aufgaben mit politischen verschmilzt und systemkritische Text verfasst: Einführung in den Bürgerkrieg oder Der kommende Aufstand. Einige sind ins Deutsche übersetzt, zuletzt: Alles ist gescheitert, es lebe der Kommunismus (Laika Verlag 2013). Von derlei Ausrufen ließ sich insbesondere in Frankreich die Europawahl nun nicht beeindrucken.
Autor und Regisseur Volker Schmidt macht das Kollektiv jetzt auch in Österreich bekannt. Mit der new space company entwickelte er Zero People (eine eigene Fassung nach dem Text Grundbausteine einer Theorie des Jungen-Mädchens); Uraufführung war in der Garage X. Kernaussage: Die Verhaltensweisen von "Jungen-Mädchen" (dies ist wohl geschlechtsneutral gedacht) spielen dem Neoliberalismus in die Hände. Sie seien ideale Geschöpfe der Ausbeutung, die konsumieren und sich widerstandslos Vorschreibungen ergeben.
Der dreiteilige Abend beginnt als Laufstegshow, bei der Mantel-Models vor einem "unsichtbaren Krieg" warnen; dazu flitzen Videobilder des Medienzeitalters über die Wände; das spaltet die Aufmerksamkeit zuungunsten der Schauspieler.
Im zweiten Teil folgt man jedem Schauspieler, jedem "jungen Mädchen", einzeln in einen Winkel des Hauses. Eine denkwürdige Partytigershow zieht dabei Daniel Wagner in hübschen Trainingshosen ab (Motto: die Welt mit Party heilen).
Die Textmassen wälzen sich auch im dritten Teil dahin, der in theoretischen Phrasen die Metabene des Stücks abbildet ("Man muss an die Schönheit glauben"). Wie im Diskurstheater üblich entziehen sich die Sprechfiguren einer Zuordnung. Da ist der Sättigungsgrad bald erreicht. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 27.5.2014)