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Die Sitar-Virtuosin Anoushka Shankar gastiert heute, Dienstag, im Wiener Konzerthaus.

Foto: REUTERS/Jayanta Shaw

Wenn er selbst nicht wiederkehre, dann würde dies seine Tochter tun, sprach Ravi Shankar bei seinem letzten Wien-Konzert 2005 in der Staatsoper. Nach seinem Tod im Dezember 2012 liegt es nun tatsächlich an Anoushka Shankar, dieses Versprechen einzulösen: Wobei sich die 33-jährige Sitar-Virtuosin der zwiespältigen Rolle als "Erbin" bewusst ist: "Ich habe nicht das Gefühl, für meinen Vater zu sprechen. Gleichzeitig bin ich ein Produkt und eine Fortsetzung von ihm – als Tochter wie auch als Schülerin."

Der Rollenzuschreibung "Berufstochter" habe sie sich auch entzogen, indem sie musikalisch seit dem Album Rise (2005) auf eigenen Pfaden unterwegs ist, wo sie die klassische indische Musik sanft an Flamenco, Dub und Ambient andocken ließ. "Diese Distanzierung war notwendig. Nun fühle ich mich wieder sehr wohl damit, traditionelle Sitar zu spielen, auch weil ich besser weiß, wer ich selbst bin", so Anoushka Shankar, die heute wieder in ihrer Geburtsstadt London lebt. Das aktuelle Album Traces of You (Deutsche Grammophon), das in Kooperation mit dem indisch-britischen Produzenten Nitin Sawhney entstand, scheint auf den ersten Blick ganz dem Vater gewidmet:

Tod und Abschied sind die bestimmenden Themen der von Halbschwester Norah Jones intonierten Songs wie auch der instrumentalen Lieder ohne Worte, in denen Klänge von Sitar, Hang (gespielt vom Tiroler Manu Delago!), Streichern und Perkussion in entschleunigten Soundscapes zusammen wirken.

Doch auch lebenspralle Rasanz ist zu vernehmen, vor allen in den traditioneller ausgerichteten Sitar-Piecen wie Lasya. Shankar: "Als mein Vater starb, war da gleichzeitig mein wunderbarer, eineinhalbjähriger Sohn. Während ich trauerte, verlangte er, dass ich mit ihm spielte und lachte. Diese Dichotomie von Freude und Schmerz war für mich eine echte Lektion über das Leben." (felb, DER STANDARD, 27.5.2014)