American-Football-Spieler Laurinho Walch (li.) in einem Tanktop von Intimissimi, Hose Bottega Veneta, Uhr Breitling Navitimer 01, Severin Haidacher in einer Hose von Emporio Armani, Tanktop Intimissimi, Uhr Breitling Navitimer GMT.

Foto: Christoph Pirnbacher

Severin Haidacher (li.) und Benjamin Bubik in Anzug, Hemd und Krawatte von Brunello Cucinelli, Schuhe Dior Homme, Brillen Persol.

Foto: Christoph Pirnbacher

Philipp Sommer (li.) und Benjamin Bubik in Hemd, Pulli und Hose von Dior Homme, Schuhe links Scarosso, rechts Tom Ford.

Foto: Christoph Pirnbacher

Laurinho und Benjamin in Anzug und Hemd von Brioni, Brillen Saint Laurent Paris, Schuhe Gino Venturini.

Foto: Christoph Pirnbacher

Severin und Laurinho in einem Hemd von Boss, Unterhose und Socken von Björn Borg.

Foto: Christoph Pirnbacher

Nach ein paar Durchläufen war der Spot im Kasten: "Kraft auf den Teller, Knorr auf den Tisch", sprach Franz Beckenbauer in die Kameras, gedreht wurde im eigenen Wohnzimmer. 12.000 D-Mark bekam der junge Fußballer, 1966 war das, so wirklich bekannt war er damals noch nicht. Erst im Zuge der im selben Jahr stattfindenden Weltmeisterschaft in England sollte er zum Star werden. Als "Suppenkasper" wurde der neue Stern am Fußballhimmel dennoch verspottet. Ein Fußballer, der Werbung für eine "Fleischklößchensuppe" machte, das war keine ganz alltägliche Sache.

48 Jahre und viele Werbespots später erregt ein Sportler, der für ein Produkt in die Kamera blinzelt, kaum mehr übermäßige Aufmerksamkeit. Es sei denn, er zieht sich dabei bis auf die Unterhosen aus. Das ist das Erfolgsrezept, auf das seit einigen Jahren italienische High-Fashion-Labels setzen: vor Öl triefende italienische Nationalspieler in knappen Slips von Dolce & Gabbana, ein mit Wasser benetzter Cristiano Ronaldo in einer Badeshort von Giorgio Armani, Lionel Messi oder Freddie Ljungberg in Briefs, Shorts oder Boxers. Hauptsache, so gut wie nicht bekleidet, Hauptsache, muskelbepackt. So unzweideutig als Sexobjekte werden normalerweise nur Bikinischönheiten inszeniert.

Sportler als Modeikonen

Seitdem Sportler allerdings immer öfter als Modeikonen vermarktet werden, sind auch hier die Hüllen gefallen. Galten Spieler wie Franz Beckenbauer oder Günter Netzer noch als modische Vorbilder, weil sie bisweilen in so etwas exotischem wie einem Pelzmantel zu sehen waren, unterliegen prominente Sportler heute einem regelrechten Moderegime. Adrett präsentieren sich die Spieler der Nationalmannschaft in ihren maßgeschneiderten Designeranzügen, regelmäßig posieren Sportler in den neuesten Modekollektionen, kaum einer von ihnen, der nicht umfangreiche Ausstattungsverträge mit Sportartikelherstellern - und seit geraumer Zeit auch mit Modefirmen - hat.

Wobei auffällt, dass es vor allem männliche Sportler sind, die in der ersten Reihe stehen. Bei den regelmäßig von Marketingagenturen erstellten Rankings der wichtigsten Sportlertestimonials kommen Frauen nur am Rande vor. Im Unterschied zu Schauspielerinnen und Sängerinnen haben es Sportlerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schwer - nur hin und wieder schafft es eine Schwimmerin oder eine Tennisspielerin auf die Werbeseiten. Hierzulande sind es Wintersportlerinnen. Zudem müssen sich weibliche Sportlerinnen meist mit niedrigeren Honoraren zufriedengeben: Die Herren streifen für größere Kampagnen sechs, oder wenn besonders prominent auch schon einmal siebenstellige Summen ein.

Severin Haidacher, Philipp Sommer, Laurinho Walch und Benjamin Buik (v. li.) in Outfits von Emporio Armani.
Foto: Christoph Pirnbacher

Nur Promis zählen

Das hat natürlich mit den werberelevanten Eigenschaften eines optimalen Markenbotschafters zu tun. Neben der sportlichen Leistung zählt hier in besonderem Maße die hohe Medienpräsenz. Nur besonders prominente Sportler kommen für eine Werbekampagne überhaupt infrage. Dazu kommt die Glaubwürdigkeit: Wird Frauen im Allgemeinen mehr Modekompetenz zugesprochen, so ist es im Sportbereich genau umgekehrt.

Hier haben die Männer die Nase vorn. Das war beileibe nicht immer so und hat viel mit David Beckham zu tun. Er war es, der dem Image des harten Sportlers, der in der Früh ganz automatisch zu Jeans und Sweatshirt greift, das Bild eines oberflächenverliebtenVorstadtburschen entgegenstellte, dessen Gedanken genauso um seine Frisur wie um das kommende Pokalspiel kreisen. Unter Hardcore-Sportlern hat ihm das nicht nur Freunde gemacht, für die breite Öffentlichkeit wurde er damit aber als Imageträger interessant, der genauso Werbung für Haargel wie für Tanktops machen kann.

Vorreiter Beckham

Beckham bereitete den Boden für eine Entwicklung, von der auch Sportler profitieren, die vor Jahren noch jegliches Interesse für Mode brüsk von sich gewiesen hätten: ein Thierry Henry, für den Tommy Hilfiger eine eigene Kollektion entwarf, ein Lionel Messi, der von Kopf bis Fuß in Dolce & Gabbana posiert. In Deutschland hat die neue Verbindung zwischen Sport und Mode sogar zu einer Publikation geführt, die halbjährlich den neuesten Verbindungslinien zwischen Fußball und Fashion nachspürt.

Im Modemagazin Sepp fotografiert Ellen von Unwerth die deutsche Nationalmannschaft und kreieren Dries Van Noten oder Donatella Versace Fußballeruniformen. Statt Nike und Adidas schalten hier Chanel und Prada Werbeanzeigen, gelesen wird das Magazin genauso von Mode- wie Fußballmenschen. Auch Sportler können Geschmack haben - sollten sie wohl auch, wenn sie am riesigen Werbekuchen der Modeindustrie mitnaschen wollen. (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 30.5.2014)