Brüssel - In Belgien kündigte sich nach dem Wahlsieg der flämischen Nationalisten von der Partei N-VA eine schwierige Regierungsbildung an. "Es wird nicht einfach sein", sagte der flämische Ministerpräsident Kris Peeters am Montag im flämischen Rundfunk VRT. Peeters' konservative Partei CDV war ein wichtiger Koalitionspartner in der bisherigen belgischen Regierung unter Ministerpräsident Elio Di Rupo.
Wie es nach Wahlen in Belgien die Regel ist, bot Di Rupio dem König am Montag den Rücktritt seiner Regierung an. König Philippe nahm diesen an, beauftragte das Kabinett aber zugleich mit der kommissarischen Weiterführung der Geschäfte, wie der Palast in Brüssel mitteilte. Am Nachmittag wollte Philippe der Erklärung zufolge seine Konsultationen mit den politisch Verantwortlichen beginnen.
Es wird erwartet, dass König Philippe Bart De Wever von der separatistischen, flämischen N-VA als erstes empfangen wird. Die N-VA erreicht nach Auszählung von 98,6 Prozent der Stimmen Belgien-weit 20,3 Prozent und wurde damit stärkste Kraft. In Flandern kam sie laut vorläufigem Endergebnis auf 31,9 Prozent.
Sozialisten gewinnen in französischsprachigen Gebieten
Demgegenüber gewann die Sozialistische Partei (PS) Di Rupos im französischsprachigen Belgien. Gemeinsam mit ihrer flämischen Schwesterpartei kommt sie nach gegenwärtigem Auszählungsstand auf 37 der 150 Sitze im belgischen Parlament und liegt so noch vor Bart De Wevers N-VA mit 34 Sitzen.Belgiens Wahlsystem ist nach Sprachgruppen getrennt. Die Flamen wählen in Flandern und Brüssel ihre Parteien, die Französischsprachigen ihre Parteien in der Wallonie und ebenfalls in Brüssel.
Die NVA plädiert für einen belgischen Konföderalismus, der auch eine völlige Trennung der Sozialversicherung beinhalten würde - langfristig will sie den Norden in die Unabhängigkeit führen. De Wever erklärte nach seinem Wahlsieg zwar, sowohl im Norden als auch auf föderaler Ebene Regierungsverantwortung übernehmen zu wollen, sämtliche französischsprachige Parteien hatten jedoch im Vorfeld des Urnengangs erklärt, wenn möglich nicht mit der N-VA kooperieren zu wollen.
Gespräche zwische N-VA und PS wahrscheinlich
Dennoch drängen sich Gespräche zwischen N-VA und PS auf. In diese Richtung äußerte sich am Montag auch Andre Flahaut von der PS, der zugleich Präsident der Abgeordnetenkammer ist. "Wir haben nie gesagt, dass wir mit einem königlichen Informateur nicht sprechen würden", sagte er im belgischen Fernsehen. In der Regel betraut der König den Chef der stärksten Partei mit dem Auftrag der "Information", also des Sondierens einer Koalition. In diesem Fall wäre das De Wever.
Bereits bei den vergangenen belgischen Parlamentswahlen war die N-VA Belgien-weit auf dem ersten Platz gelandet, hatte aufgrund ihrer Unabhängigkeitsforderungen für den nördlichen Landesteil jedoch keine Koalitionspartner gefunden. Nach 541 tägigen Regierungsverhandlungen bekam Belgien schließlich eine Regierung aus Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen.
Auch diesmal würde sich eine Regierung ohne N-VA rechnerisch wohl ausgehen. Beobachter zweifeln jedoch daran, ob man eine N-VA, die in Flandern die symbolische 30 Prozent-Marke überschritten hat, bei der Regierungsbildung tatsächlich übergehen werden kann. (APA, 26.5.2014)