Es kommt nicht von ungefähr, wenn sich Washington von Khalifa Belkassim Haftar distanziert, der den Islamisten in Libyen den Krieg erklärt hat: Als der libysche Exgeneral im Frühjahr 2011 aus dem US-Exil in seine Heimat zurückkehrte, um sich dem Aufstand gegen Muammar al-Gaddafi anzuschließen, galt er vielen als CIA-Mann.

Denn schon Ende der 1980er-Jahre hatte Haftar - oder Hifter, wie sein Name in US-Dokumenten transkribiert ist - eine "Libysche Nationalarmee" angeführt, mit US-Hilfe gegen Gaddafi. Dieser hatte seinen Mitputschisten von 1969, späteren Armeechef und Oberkommandanten im sogenannten "Toyota-Krieg" mit dem Tschad nach dessen Gefangennahme 1987 verraten: In der Haft wurde Haftar von den USA umgedreht - und letztlich, mangels Alternativen, in Northern Virginia angesiedelt, wo auch die CIA-Zentrale zu Hause ist.

Haftar, als dessen Geburtsjahr 1943, aber auch 1949 angegeben wird, rechnete bei seiner Rückkehr nach Libyen 2011 damit, zum Oberbefehlshaber der Rebellenarmee gemacht zu werden. Als ihm Gaddafis frisch abgesprungener Innenminister Abdulfattah Younis - auch er ein Putschist von 1969 - vorgezogen wurde, soll er schwer gekränkt gewesen sein. Nach Younis' Ermordung noch vor Gaddafis Sturz wurde es still auch um Haftar.

Im vergangenen Februar legte er einen erratischen Auftritt im Fernsehen hin, wo er ein militärisches Eingreifen im - seiner Meinung nach - von den Islamisten verursachten Chaos im Land androhte, dem die Regierung hilflos gegenübersteht. Seit dieser von vielen belächelten Rede, die ohne Konsequenzen blieb, muss Haftar kontinuierlich an seiner Allianz gebastelt haben, die am Freitag in Bengasi losschlug.

Haftar genießt Sympathien: Bei vielen Libyern wächst die Sehnsucht nach einem starken Mann, der das Steuer herumreißt - einer wie Abdelfattah al-Sisi in Ägypten. Nur hat Haftar anders als dieser keine Armee hinter sich.

Einigen Zulauf von Sicherheitskräften hat er jedoch sehr wohl, vor allem im Osten, aber auch in Tripolis: Der Militärgeheimdienst und einzelne Polizeikommandos erklärten sich solidarisch. Die westliche Stadt Zintan ist mit ihren Milizen dabei - wobei deren Rivalität mit Misrata mitspielt. Dort sind die Muslimbrüder stark, die sich immer stärker in der nationalen Politik breitmachen. Haftar hat demnach gleich zwei Gegner: das offizielle Libyen und die islamistischen Milizen, die dieses bekämpfen.


(DER STANDARD, 22.5.2014)