Im Haus der Musik diskutierten (von oben): Stonawski, Tiani, Edelsbrunner, Schädler, Losch und Gadner.

Fotos: Foto: VRVis/Tobler

Wien - Schon in Max Webers legendärem Aufsatz Wissenschaft als Beruf von 1917 stellt sich das Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft zwiespältig dar. Die Zusammenlegung der Ministerien für Wissenschaft und Wirtschaft vergangen Dezember fachte die Diskussion um deren Beziehung zuletzt an - oft mit kritischem Unterton: Grundlagenforschung und freies Denken sind in Gefahr, wenn der Markt über die Finanzierung entscheidet, lautet ein oft geäußerter Einwand.

Wie Wissenschaft und Wirtschaft in positiver Weise zusammenarbeiten und wie diese Kooperationen verstärkt werden können, war Thema der Podiumsdiskussion "Wissenschaftliche Exzellenz und wirtschaftlicher Erfolg - wie geht das?", die vergangenen Donnerstag in Wien stattfand. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis), Standard-Wissenschaftsredakteur Peter Illetschko moderierte.

Zwar habe sich die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft in Österreich in den letzten Jahren stark verbessert - auch bedingt durch angemessene Finanzierung, sagte Johannes Gadner, stellvertretender Geschäftsführer des Rats für Forschung und Technologieentwicklung. Doch der Aufwärtstrend seit den 1980er- Jahren ist mit dem Krisenjahr 2009 "abgerissen". Nun stagnieren die Ausgaben für Forschung - und das liegt vor allem an einem im internationalen Vergleich mittelmäßigen Anteil privater Mittel, sagte Gadner. Um zu den führenden Forschungsländern aufzusteigen, werden Ausgaben von 3,76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung empfohlen - derzeit liegen die Mittel in Österreich nach Schätzungen der Statistik Austria bei 2,88 Prozent. 61 Prozent kommen dabei aus privater Hand, während in Finnland, das bei Innovation zu den Spitzenländern zählt, 74 Prozent der Forschungsausgaben von Unternehmen getragen werden.

Stagnation seit Krisenjahr

Angesichts von fünf Jahren Stagnation der Forschungsausgaben dürfe man die Situation "nicht schönreden", sagte Ingolf Schädler, Bereichsleiter Innovation im Infrastrukturministerium. "Die Möglichkeiten des Staats sind derzeit extrem limitiert" - auch wegen "einer Bank im Süden".

Herbert Edelsbrunner, Mathematiker am Institute of Science and Technology Austria, warnte davor, im Wunsch, sich zu verbessern, zu sehr auf andere Länder zu blicken: "Innovation ist ein Wettkampf. Wenn man rekonstruiert, läuft man immer hintennach. Man muss versuchen, in einer intelligenten Weise anders zu sein." Insgesamt gebe es in Österreich ein gutes Angebot an Förderprogrammen, um Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft zu ermöglichen, waren sich VRVis-Geschäftsführer Georg Stonawski und Franz Tiani, Geschäftsführer von Agfa HealthCare, einig. Manchmal verliere man in der Vielzahl der Programme - laut Gadner 170 - gar den Überblick.

Als Problembereich in der Zusammenarbeit stellte sich das Thema geistiges Eigentum (Intellectual Property, IP) heraus. Michael Losch, Sektionsleiter im Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium, sprach von einer "Welt-Tendenz" des Patentierens: China hat Amerika in manchen Bereichen bei den Patentanmeldungen bereits überholt, dabei wäre die "amerikanische Patentierungswut legendär". Kleinere Unternehmen würde die Vielzahl an bestehenden Patenten in Bedrängnis bringen.

Und auch zwischen Unternehmen und Universitäten käme es beim geistigen Eigentum immer wieder zu Spannungen. "Wir beginnen noch heuer mit einer gemeinsamen IP-Strategie, wie sie im Regierungsprogramm festgeschrieben ist", sagte Losch.

Gegen Ende brachte sich die Geschäftsführerin des Wissenschaftsfonds FWF, Dorothea Sturn, in die Diskussion ein. Für sie spielt der Nachwuchs eine entscheidende Rolle. "Wir haben in Österreich 27.000 Dissertanten, nur ein Drittel wird finanziert." Sie sieht darin ein "Wahnsinnspotenzial", das Wirtschaft und Wissenschaft besser nutzen könnten. "Studierende interessieren sich sehr für Fragestellungen aus der Industrie", darin liege die Möglichkeit, "kreative Milieus" des Austausches zu schaffen. (Tanja Traxler, DER STANDARD, 21.5.2014)