Der Stein des Anstoßes.

Wien - Die FPÖ hat wegen des vom Künstler David LaChapelle gestalteten Life-Ball-Plakats Strafanzeige erstattet. FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller, die schon früher ihre Ablehnung gegenüber Ehe und Adoptionsrecht für Homosexuelle bekräftigte, sieht in dem Transgender-Plakat einen Verstoß gegen das Pornografiegesetz. Die Sachverhaltsdarstellung sei auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft.

"Das Transgender-Plakat für den Life Ball überschreitet nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks - über den man vielleicht noch streiten könnte -, sondern offenbar auch die Grenzen des Strafrechts", meinte Kitzmüller, die die Anzeige gemeinsam mit dem Linzer FPÖ-Stadtparteiobmann Detlef Wimmer einbrachte. Unzählige Kinder und Jugendliche würden mit "nackten Tatsachen" zwangsbeglückt, während man sonst - teilweise scheinheilig - über Jugendschutz in Fernsehen und Internet diskutiere.

"Diese sittliche Gefährdung samt Irreleitung des Geschlechtstriebs soll umgehend freiwillig entfernt oder sonst durch Staatsanwalt und Gericht geahndet werden", so die beiden FPÖ-Politiker.

"Irreleitung des Geschlechtstriebes"

Kitzmüller beruft sich auf den Paragrafen 2, der besagt, dass pornografische Schrift, Abbildung oder sonstige Darstellung, die "die sittliche oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebes zu gefährden, oder einen solchen Film oder Schallträger einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt anbietet oder überlässt", zu bestrafen sei.

Des Vergehens machen sich besonders die Person schuldig, die eine solche Abbildung wissentlich "auf eine Art ausstellt, aushängt, anschlägt oder sonst verbreitet, dass dadurch der anstößige Inhalt auch einem größeren Kreis von Personen unter 16 Jahren zugänglich wird" (Paragraf 2b).

Europaweite Petition

Auf anderer Ebene gehen Zivilpersonen gegen das Life Ball-Plakat vor. Auf der europäischen Plattform "CitizenGo" wurde eine Online-Petition gestartet, die bis Dienstagnachmittag von über 15.500 Personen unterstützt wurde. Die User der in Spanien eingetragenen Stiftung wollen das Bild "nicht stillschweigend hinnehmen" und fordern die Sponsoren des Life Balls zur Distanzierung auf, berichtete Kathpress.

"Unter dem Vorwand sogenannter 'Provokation' werden Kinder überfordert und Eltern in ihrer Erziehungsfreiheit eingeschränkt", so die Petenten. Die Life-Ball-Plakate stellten "aggressive Sujets" dar, durch die "intimste Gefühle von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen massiv verletzt" würden. "Wo bleibt der Jugendschutz oder der Schutz der öffentlichen Ordnung?", meinte die Initiative.

"Für den Inhalt mitverantwortlich" gemacht werden die zahlreichen Sponsoren des Life Balls, darunter die Stadt Wien, die Kronen Zeitung, Rewe, OMV, Austrian Airlines, ORF und GEWISTA. Mit der Petition werden die Sponsoren aufgefordert, "Verantwortung zu übernehmen und klar Stellung zu beziehen". Die Bekämpfung von HIV/Aids sei ein berechtigtes großes Anliegen, "darf aber nicht als Vorwand für einen ideologischen Feldzug dienen, der auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen ausgetragen wird."

Kinderanwalt bezweifelt Traumata

Der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Anton Schmid hält die Plakate nicht für pornografische Darstellungen. Auch eine Gefährdung von Jugendlichen bzw. Kindern sei nicht gegeben, hieß es in einer die APA übermittelten Stellungnahme.

Das Plakat stellt laut Schmid keine Gefährdung im Sinne des Paragrafen 10 des Wiener Jugendschutzgesetzes dar. Auch handle es sich nicht um eine Diskriminierung des Geschlechtes bzw. um eine Darstellung "die Menschenwürde missachtender Sexualität".

Aus psychologischer bzw. pädagogischer Sicht hat der Jugendanwalt mit dem Sujet ebenfalls kein Problem. Denn kleinen Kindern falle dieses nicht sofort auf, auch Traumata würden nicht ausgelöst - höchstens Verwirrung. Eltern könnten das Plakat ihren Kindern erklären, ähnlich wie die Tatsache, dass Conchita Wurst als Frau einen Bart trage.

Laut Rathaus gab es in der Angelegenheit bisher bereits zahlreiche Beschwerden bzw. Anfragen besorgter Wiener. Auch die Magistratsabteilung 11 (Kinder, Jugend und Familie) habe die Angelegenheit geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass Kinder durch die Darstellung nicht gefährdet seien, hieß es im Büro des zuständigen Stadtrats Christian Oxonitsch (SPÖ). Die Stadt betont jedoch, dass nicht sie, sondern eine private Galerie für das Plakat verantwortlich ist. (APA/red, derStandard.at, 20.5.2014)