In der jüngsten Runde der Iran-Gespräche in Wien hat die Realität die Wünsche eingeholt: Es ging erstmals darum, die Züge eines Abkommens, das den Atomstreit des Iran mit der internationalen Gemeinschaft lösen soll, auf Papier zu bringen. Und dazu reicht die prinzipielle Übereinstimmung, dass man ein Abkommen schließen will und kann, eben nicht mehr aus, und auch nicht die Umsetzung des für sechs Monate anberaumten Interimsabkommens, die gut läuft.

Falsch wäre es jedoch zu behaupten, dass es eine Überraschung war, dass die Gespräche diesmal so schwierig wurden. Es war die vorletzte Runde, bevor man im Juli in den Endspurt - der sich wahrscheinlich als Marathon gestalten wird - gehen wird. Diesmal mussten die Karten noch nicht auf den Tisch gelegt werden, es wurde hoch gepokert. Niemand geht mit bescheidenen Ansagen in so ein Treffen - und Teheran schon gar nicht.

Der iranische Außenminister Javad Zarif twitterte am Wochenende, dass eine Lösung weiter möglich sei: Man müsse sich dafür jedoch von Illusionen verabschieden. Das gilt allerdings für beide Seiten.

Die sechs Verhandlerstaaten unter Führung von EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton haben alleine schon durch die Aufnahme dieser Gespräche den von Uno-Resolutionen vorgegebenen Weg - totaler sofortiger Uran-Anreicherungsstopp im Iran - verlassen. Das war pragmatisch und vernünftig und hat im Interimsabkommen einen sofortigen Nutzen gezeitigt: Der Iran hat die 20-Prozent-Anreicherung eingestellt, seine Uran-Vorräte reduziert und vertiefte Inspektionen zugelassen. Als Freibrief für seine unmittelbare nukleare Zukunft sollte Teheran diesen Zwischenschritt jedoch nicht sehen, so war das nicht gemeint.

Aber auch die andere Seite muss zur Kenntnis nehmen, was möglich ist und was nicht. Ein Atomwaffenprogramm soll und muss ausgeschlossen werden - aber vom Iran Abstriche von seinem Raketenprogramm zu verlangen, wie es manche wollen, ist eine Sackgasse. Die konventionelle iranische Armee wurde lange vernachlässigt, mit den Waffen, die die USA an die arabische Seite des Persischen Golfs liefern, können die Iraner nicht mithalten. Der Versuch, über den Umweg der Atomgespräche die Abrüstung der ballistischen Raketen des Iran und damit dessen einziger Verteidigungsmöglichkeit anzugehen, ist aussichtslos, gleich, wie man dazu steht.

Aber das ist nicht der einzige Punkt, an dem die Verhandlungen scheitern können. Alles ist schwierig: die Frage nach dem Umfang des künftigen Uran-Anreicherungsprogramms, der Zukunft des Reaktors in Arak, der nuklearen Forschung, der Dauer eines Abkommens. Ein Pferdefuß bleiben auch die möglichen militärischen Aspekte aus der Vergangenheit: Die Experten der Atomenergiebehörde müssen die iranischen Antworten auf die offenen Fragen für plausibel erklären - und dann braucht es noch den politischen Willen zu sagen, ja, das reicht uns.

Falls man es im Juli nicht schafft, dürfte es auch schwierig werden, das Interimsabkommen wesentlich zu verlängern: Es ist selbst ein Prozess, der dann abgeschlossen sein wird. Und angenommen, die Übung gelingt: Dann muss das Abkommen noch all die Jahre halten, für die es gelten soll - und in eine völlige Normalisierung münden. Damit das möglich ist, müssten sich die hohen strategischen Erwartungen, mit der es die USA verbinden, erfüllen. Auch das ist fraglich. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 19.5.2014)