Von Montag bis Freitag täglich eine Stadtgeschichte von Thomas Rottenberg

Auch als Buch: Die besten Stadtgeschichten aus dem Stadtgeschichten - Archiv - zum Wiederlesen & Weiterschenken. "Wiener Stadtgeschichten" mit Illustrationen von Andrea Satrapa-Binder, Echomedia Verlag Ges.m.b.H., ISBN 3-901761-29-2, 14,90 Euro.

Echo-Verlag
Es war heute früh. Da hat sich dann beim "Orange Cafe" (siehe auch frühere Stadtgeschichten dazu) etwas getan: Im Eingang lagen ein paar Zettel. Ich konnte nicht widerstehen – und habe reingelesen. Denn seit der letzten Erwähnung jenes Lokals in meiner Gasse, dass öfter seinen Namen wechselt, als dort Gäste sind – die Mutmaßung, dass das eine mit dem anderen zu tun haben könnte wage ich laut auszusprechen -, seit der letzten Erwähnung (15.2. 2005 "Schon wieder Orange") also, hat sich dort einiges geändert: Das "Orange Café" ist schon wieder zu.

Wieder einmal haben wir nicht mitbekommen, wann der feine aber entscheidende Übergang von "leer" zu "zu" stattgefunden hat. Denn darauf, dass das orangene Licht leuchtete, wenn das Lokal mit den wechselnden Namen zumindest theoretisch besuchbar gewesen wäre, konnte man schon Ende Februar nicht mehr zählen: Manchmal war das Licht aus und die böse blickende Kellnerin stand hinter der Bar der Tür gegenüber ­ manchmal leuchtete es tage- und nächtelang, aber nicht einmal die Grimmige war da.

Heizradiator

Freilich: Ob das Lokal vielleicht ohne Personal offen war, haben wir nie überprüft. Einmal – Mitte März – habe ich allerdings die Hand gegen die verstaubende Glastür gelegt und hinein geschaut: Auf halbem Weg zwischen Tür und Theke stand ein elektrisch betriebener Heizradiator auf Rollen. So, als wäre zwei Meter links davon nicht eine (hässlich bläulich, aber was soll's ) geflieste Wand eines Kachelofens (irgendwann hatte das "Orange Cafe" auch kurz auf den Namen "Das Kamin" gehört – der Ort stand immer für einen seltsamen Sprachgebrauch bei der Benamsung). Die Tür aber war zu.

Das war sie seither wohl immer. Sogar die wackeren Feibra-Männer haben irgendwann aufgehört, ihre Sackerln an den mondsichelförmigen (ein Relikt aus der "La Luna"-Phase) Türknauf zu hängen. Deshalb fiel mir heute morgen der Zettel auf der Fußmatte (es gibt keine Fußmatte, aber dort wo der Zettel lag, wäre ihr Platz) auf. Ich schaute ins Lokal: Nichts. Der Heizkörper stand immer noch da. Ich griff mir die Zettel.

Zahlscheine

Es waren Zahlscheine. Für die Miete des Lokals. Jemand hatte sie einfach vor dem Lokal deponiert. Wohl weil der Adressat sie auch anderweitig nicht entgegengenommen hat. Rund 750 Euro ­ Betriebskosten inklusive – sollte der Wirt pro Monat überweisen. Ich überschlug: Das dürfte bei der hier beobachteten Kundenfrequenz eher schwer zu erwirtschaften sein. Ich legte die Zettel zurück.

Am Nachmittag waren sie dann verschwunden. Der Heizstrahler war noch da. Doch während A. glaubt, dass die Zahlscheine vom Wirten geholt, zur Bank getragen und eingezahlt worden sind, habe ich einen anderen Verdacht: Ich tippe auf die Straßenreinigung ­ und irgendwie ist es beinahe tröstlich zu wissen, dass die auch in orange unterwegs ist.