Queens of the Stone Age
Lullabies to Paralyze
(Intersope / Universal)

Foto: Universal
Wien – Die Queens Of The Stone Age sind die düstere Kriegsvariante der Beatles. Diese im Zusammenhang mit Josh Homme und seiner kalifornischen IG Metall gern gelesene These hat etwas für sich. Hervorgegangen sind die Queens Of The Stone Age Ende der 90er-Jahre aus den Überresten der kultisch verehrten, vorzugsweise bewusstseinsverändert aufspielenden Stoner-Rockband Kyuss aus der Mojave-Wüste.

Schon relativ früh vermochten die beiden chemisch bedingt konsequent zwischen den Ringen des Saturn und der Notaufnahme kreisenden Köpfe der Band, Gitarrist Josh Homme und Bassist Nick Oliveri, mit einem losen Familienverband von ständig wechselnden, aber im Bedarfsfall wiederkehrenden Begleitmusikern eine neue, offene Form von Rockmusik zu gestalten. Die wurde spätestens ab dem dritten Album, Songs For The Deaf aus 2002, zum State of the Art. In Europa gelten die Queens derzeit ohnehin als Sensation in einem lange Jahre darniederliegenden Rockgenre. Das führte 2003 auch ein fantastisches Konzert in der Wiener Arena vor Augen: "Take drugs, they are good for you!" Kalksburg, wir haben ein Problem.

Beatles-Metal

Die sowohl technisch brillant umgesetzte wie fern jeder Norm angesiedelte Musik, das untermauert jetzt das vierte Album, Lullabies To Paralyze (Vertrieb: Universal), ist eben auch tatsächlich als aggressive Spielart der Beatles zu deuten. Oder als melodiöse Neudeutung von Lennon/McCartney-Verehrer und Heavy-Metal-Gevatter Ozzy Osbourne und Black Sabbath. Den bleiernen, schwerfälligen Bluesrock-Riffs dieser Partie zollt Josh Homme mit seiner mutig von E um zwei Ganztöne tiefer auf C Richtung tektonische Plattenverschiebungen gestimmten Gitarre derzeit als alleiniger Chef der Queens weiterhin Tribut.

Nach dem – schon wieder! – drogenbedingten Zerwürfnis mit Nick Oliveri, dessen Eskapaden selbst Allesfresser Homme offenbar zu viel geworden sind, merkt man vor allem den ersten Stücken des neuen Albums zwar eine gewisse Unsicherheit beziehungsweise Unschärfe hinsichtlich der oft zerfasert wirkenden Kompositionen an. Nach mehrmaligem Begutachten dieser im manieristischen Sinn oft arg verzerrten Songproportionen und etwas gar dick Richtung verwehten Progressive-Rock-Blödsinns aus den frühen 70er-Jahren aufgetragenen Farben merkt man dann allerdings doch, dass die Queens Of The Stone Age drei Jahre nach dem großen Durchbruch zwar nicht mehr das heißeste Ding in der Szene sein mögen.

Die im süßlichen Schmerz klagende Kopfstimme von Josh Homme wird aber noch immer von einem tonnenschweren wie gleichzeitig luftig leichten Wunder-Sound unterstützt. Der bringt als Speerspitze der Metall verarbeitenden Industrie einer fliegenden Boeing 747 nicht unähnlich einen hier oft auch im Duktus psychedelischer Trauermärsche klagenden Chor gefallener Engel zurück nach Hause.

Mit Gästen wie Billy Gibbons von ZZ Top wird dieser kontrollierte Wahnsinn dann auch noch mit Tom-Waits-Blues, Hawaiigitarren-Gegreine, Blasmusik zu Boogierock und symphonischem California-Dreaming-Schmalz angereichert. Chirurgisch präzise geschnittener Beatles-Metal, weit draußen im All – und gleichzeitig tief drin im Urschlamm des Rock'n'Roll. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.3.2005)