Vergangene Woche haben wir bereits Unbehagen

darüber geäußert, mit welch heiterer Ungerührtheit Elisabeth Scharangs "Mein Mörder" bei der Diagonale '05 als ORF-Aushängeschild gefeiert wurde - unter dem Motto: Wir fördern junge Talente und bringen - Dienstag - Zeitgeschichte ins Hauptabendprogramm!

Foto: Petro Domenigg/ORF

Aber wie?

Dass die Regisseurin und ihr Vater, der Schriftsteller Michael Scharang, die horriblen Ereignisse rund um den Euthanasie-Arzt Heinrich Gross auf einen reißerischen 08/15-Thriller rund um einen borniert-dämonischen Bösewicht und sein traumatisiertes Opfer reduzierten, ist mittlerweile Usus. Dass dabei Produktionsbudget gespart wurde, passt ebenso zur heimischen TV-Praxis wie ein etwas lässlicher Umgang mit größeren politischen Zusammenhängen, die das Hauptabendpublikum überfordern könnten.

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Und alle machen mit.

Nehmen wir zum Beispiel eine ganz kurze Szene aus "Mein Mörder", in der immerhin Peter Turrini, Autor von tatsächlichen ORF-Meilensteinen wie der Alpensaga, aufgeboten wird, um als hochrangiger SP-Politiker sagen zu dürfen: "Na und?" Er sagt das zu einer "engagierten" Stadträtin, die am Anfang des Films als politisch nicht genehme Lehrerin von den Nazis interniert wurde. Jetzt ist sie fassungslos, dass die Verbrechen am Spiegelgrund nicht geahndet werden. Und Peter Turrini sagt ihr - die Szene dauert knapp eine Minute: Schau dich selber an. Und: Da kann man nichts machen.

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Und damit ist die Geschichte

vom SP-Parteimitglied Heinrich Gross erledigt. Weitere Erklärungen sind überflüssig. Zumindest in "Mein Mörder", wo der Opfer-Held immer wieder von Bären träumt, die nun auch dem Publikum aufgebunden werden. Und der Täter-Held sagt, fast versonnen, zu ihm: "Scheinbar gehören wir zusammen." Zwei Seiten einer Medaille. Unausweichlich. Es muss so sein. Anders wär's komplizierter, aber wahrscheinlich weniger aufregend. Dann könnten die Jungtalente nicht im Hauptabendprogramm reüssieren.

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Was tun?

Politische Bildung für Drehbuchautoren und Regisseure? Peter Turrini etwa hätte sagen müssen: Leute, das kann ich so nicht spielen. Das unterschreitet alles, was wir in den 70er-Jahren (und schon damals mit limitierten Mitteln) zu artikulieren versuchten!

Na ja, vielleicht wollte er den Scharangs ja auch nur einen Freundschaftsdienst erweisen. Horror! (cp/DER STANDARD, Printausgabe, 22.3.2005)

"Mein Mörder", Dienstag, 22.3.2005, 20.15 bis 21.45 Uhr, ORF2

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