Wien - "Das waren wunderbare Zeiten - bevor GaultMillau nach Österreich kam", schmunzelt Steierereck-Chef Heinz Reitbauer senior. "Der Gast war anspruchslos; große Portionen, kleiner Preis, und den Fisch und die Schnitzerln haben wir gemeinsam in die Fritteuse geworfen."

Bis sich Anfang der 80er-Jahre die Zeiten grundlegend änderten und Michael Reinartz den Gourmetführer GaultMillau nach Österreich brachte. Auch wenn Anfangs ein paar Hoteliers Schmähschriften verfassten - "Reinartz gehört abgewatscht" - und das profil "Reinartz geteert und gefedert" titelte; der Guide errang 1983 den ersten Bestellerlistenplatz, den er danach 24-mal en suite wieder erreichte. Die Folge aus der Sicht Reitbauers: Der GaultMillau "hat aus Dosenöffnern Haubenköche gemacht".

Freitagvormittag ging die Ära Reinartz im Steirereck offiziell zu Ende: Wie DER STANDARD exklusiv berichtete, wird Society-Reporter Karl Hohenlohe Herausgeber des GaultMillau Österreich, seine Frau Martina Hohenlohe Chefredakteurin. Reinartz wird noch drei Jahre als Berater zur Verfügung stehen. Die Lizenz des Guides wurde von der Communication Service (CS) Verlagsgesellschaft gekauft. "Der Vertrag wurde gestern unterschrieben, alle Berichte vorher waren reine Spekulation", erklärte Reinartz. Um dann doch zu bestätigen: "Wir waren uns schon lange einig."

Jüngere Tester

Mit dem GaultMillau geht es Martina Hohenlohe jetzt jedenfalls wie mit dem Rad: "Wir werden ihn nicht neu erfinden, das ist nicht notwendig, das Konzept bleibt." Auch das Testerteam bleibe für die Ausgabe 2006 vorerst unverändert. Dann solle es allerdings mit jüngeren Testern ergänzt werden. Dazu kommen noch weitere Adaptionen: Die Chefredakteurin will den Text des Gourmetführers etwas lockerer und das Layout ein wenig luftiger gestalten. Auch solle neben Küche und Service ein neues Kriterium eingeführt werden - das übrigens auch Wolfgang Rosam in seinem neuen Publikumsguide VIPGourmet zur Beurteilung heranzieht: das Ambiente.

Den nächsten Schritt plant Karl Hohenlohe "in drei bis fünf Jahren": die Osterweiterung, vielleicht mit eigenen Guides. Jetzt wird das kulinarische Niveau in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien erkundet. (Der Standard, Printausgabe, 19./20. 3. 2005)