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Foto: dpa/Seeger
Wien – Auf die Fremdenpolizei kommt viel Arbeit zu: Geht es nach den Plänen des Innenministeriums, könnten künftig alle Ehen zwischen Österreichern und Nicht-EU-Bürgern fremdenpolizeilich geprüft werden. Ziel des geplanten Fremdenpolizeigesetzes: Scheinehen verhindern.

In Zahlen gegossen hätte das für das Jahr 2003 bedeutet, dass beispielsweise 1566 Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien, oder 762 Türken von der Polizei kontrolliert worden wären.

"Nur bei Verdacht"

Einen derartigen Aufwand kann die Fremdenpolizei aber nicht bewältigen. „Müssen wir auch nicht“, schwächt der Chef der Verwaltungspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien, Willfried Kovarnik, den Buchstaben des geplanten Gesetzes ab. Geprüft werde weiterhin nur bei Verdacht. Pro Jahr fliegen in Wien rund 150 Scheinehen auf, die Dunkelziffer wird auf 1000 geschätzt.

Standesbeamte

Künftig sollen Standesbeamte quasi als verlängerter Arm der Fremdenpolizei fungieren. Sie müssen bei der Fremdenpolizei Erkundungen einholen, wenn zum Beispiel eine Asylwerberin einen Österreicher heiraten will. Liegt kein gültiger Aufenthaltstitel vor, kann die Eheschließung verweigert werden. Genau dieser Passus stellt aber nach Meinung von Kritikern einen Bruch der verfassungsrechtlich garantierten Menschenrechte vor. „Die Freiheit auf Eheschließung ist ein Menschenrecht, nicht einmal einem verurteilten Mörder darf das Heiraten verboten werden“, betont der Wiener Anwalt und Fremdenrechtsexperte Herbert Pochieser.

"Paranoid"

Auch bei SOS Mitmensch ist man entsetzt. „Das Ganze nimmt immer paranoidere Züge an“, sagt SOS-Mitmensch- Sprecher Philipp Sonderegger. Es gehe um Denunziation statt Integration – dieses Mal „wird dazu der Standesbeamte benutzt“. Das Problem der Scheinehe bekomme man so sicher nicht in den Griff.

Gleichstellung

Künftig muss auch die heimische Hälfte von Scheinehepaaren mit Strafen rechnen. Wer gegen Geld oder eine andere Gegenleistung heiratet, kann bis zu einem Jahr Gefängnis ausfassen. Rechtsanwalt Pochieser begrüßt zwar diese „Gleichstellung“, denn bisher wurden nur die ausländischen Partner sanktioniert. „Andererseits konnte man schon früher Österreicher strafrechtlich wegen Täuschung belangen, nur wurde das nie angewandt“, so Pochieser. Und das aus gutem Grund: Denn meist sind es Österreicher, die ihre eigene Scheinehe anzeigen. Die „verratenen“ Partner haben keine Möglichkeit, ihr „Hochzeitsgeld“ zurückzufordern. (Peter Mayr, Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 16.03.2005)