"One man, one vote" gilt nur noch auf den unteren Ebenen der ÖH. Für die Bundesvertretung wird die Stimme doppelt gezählt, wer an zwei Unis inskribiert ist und an beiden Unis die Univertretung wählt.

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Wien - Alles wird anders - unter diesem Motto stehen heuer die Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) vom 31. Mai bis 2. Juni. Auf Grund des von ÖVP und FPÖ beschlossenen neuen Wahlrechts für die Studentenvertretung wird das Ergebnis des Urnengangs mit jenen der bisherigen Abstimmungen nicht vergleichbar sein. So wird es etwa kein offizielles Resultat mit den jeweiligen Stimmprozenten der einzelnen Fraktionen geben. Und wer tatsächlich die Mehrheit errungen hat, bleibt unter Umständen bis relativ lange nach dem Wahlabend unklar.

Bisher wurden die 45 Mandate für die Bundesvertretung, das österreichweite "Studentenparlament", bei einer bundesweiten Wahl nach dem Verhältniswahlrecht bestimmt, wobei neben den Studenten an den Universitäten auch jene an den Pädagogischen Akademien und den Privatuniversitäten zu den Urnen gingen. Daneben wurden bei den ÖH-Wahlen an den Unis noch die jeweiligen Universitätsvertretungen, die Fakultätsvertretungen und die Studienrichtungsvertretungen gewählt.

Wesentlich komplizierter

Künftig wird alles wesentlich komplizierter: Die Studenten an den Unis erhalten nur mehr zwei Wahlzettel - einen für die Universitätsvertretung und einen für die Studienvertretung (entspricht der bisherigen Studienrichtungsvertretung). Die Bundesvertretung wird dagegen nur mehr indirekt gewählt: Ihre Mandatare werden von den Universitäts- und Akademievertretungen der einzelnen Hochschulen gemäß der Stärke der einzelnen Fraktionen entsendet. Die Konsequenz daraus ist u.a., dass es nicht wie bisher ein bundesweit einheitliches Antreten von wahlwerbenden Gruppen geben wird.

Studierende an Pädaks und Privatunis nehmen nicht mehr teil

Studenten an den Privatuniversitäten nehmen an den ÖH-Wahlen überhaupt nicht mehr teil. Nach der extrem niedrigen Wahlbeteiligung bei den vergangenen Urnengängen an den Privatunis hat sich der Gesetzgeber entschlossen, diese nicht mehr die Studentenvertretung wählen zu lassen. Auch an den Pädagogischen Akademien (PädAKs) finden Ende Mai keine Wahlen statt. Dort wird die Akademievertretung jährlich im Herbst gewählt, sie entsendet die Mandatare in die Bundesvertretung - was auch bedeutet, dass jene Akademievertretung, die in dem Studienjahr gewählt wird, in dem keine ÖH-Wahlen stattfindet, keinen Vertreter in das Studentenparlament schicken kann. Ebenfalls nicht wählen werden die Studenten der Donau-Universität Krems, da es dort keine Universitätsvertretung gibt.

Anzahl der Mandate hängt von Studierendenzahl ab

Alle Unis und PädAKs mit mehr als 1.000 Studenten entsenden direkt Mandatare in die Bundesvertretung - wieviele hängt von der Studentenzahl ab und wird in einer Verordnung vom Bildungsministerium festgelegt. Die Uni Wien entsendet demnach zwölf Mandatare in die Bundesvertretung, die Universitäten Graz und Innsbruck sowie die Wirtschaftsuniversität Wien je vier, die Technische Universität Wien drei, die Universität Salzburg, die Medizinische Universität Wien, die Technische Universität Graz und die Universität Linz je zwei Mandatare und die Medizinischen Universitäten Graz und Innsbruck, die Montanuniversität Leoben, die Veterinärmedizinische Universität Wien, die Universität für Bodenkultur, die Universität Klagenfurt, die Universität für angewandte Kunst Wien, das Mozarteum Salzburg, die Musikuniversitäten Wien und Graz sowie einige PädAKs je einen Mandatar in die Bundesvertretung.

Bei der Entsendung von nur einem Mandatar steht die Nominierung der stimmenstärksten Fraktion zu. Sind mehrere Mandate an einer Uni zu vergeben, wird innerhalb dieser für die Entsendungsberechtigung nach dem D'Hondtschen System (Höchstzahlverfahren) vorgegangen. Die kleinen Unis und Akademien (weniger als 1.000 Studenten) bilden außerdem eine "Wahlgemeinschaft", für die insgesamt zwei Sitze reserviert sind. Wer diese einnimmt, entscheidet sich bei einer gemeinsamen Sitzung dieser Universitäts- bzw. Akademievertretungen rund zwei Wochen nach der ÖH-Wahl.

Größere Unis unterrepräsentiert

Folge dieses Systems: Die größeren Unis sind tendenziell unterrepräsentiert. So darf etwa die Universität Wien, an der etwas weniger als ein Drittel aller österreichischen Studenten inskribiert sind, nur zwölf von 52 Mandataren stellen - also weniger als ein Viertel.

Zu diesen 52 Mandaten können aber noch weitere kommen: "Befreundete" wahlwerbende Gruppen an mindestens sechs Universitäten können sich vor der Wahl zu den Universitätsvertretungen zu "Listenverbänden" für die Bundesvertretung zusammenschließen. Erreichen sie dann an keiner Uni ein Mandat über die Entsendung durch die Universitätsvertretung und kommen insgesamt auf mindestens 1.000 Stimmen, dürfen sie trotzdem einen Vertreter in die Bundesvertretung schicken. Kleiner Haken: Wird an einer Uni ein "Direkt-Mandat"über die Uni-Vertretung erreicht, "verfallen" automatisch alle Stimmen für den Listenverband. Durch die Listenverbands-Regel ist im vorhinein nicht klar, wie viele Mandatare in der Bundesvertretung sitzen werden.

An mehreren Unis inskribiert, doppelt gezählt

Weitere Besonderheit des Wahlsystems: Da Studenten an mehreren Universitäten inskribiert sein können, können sie mehrfach die Universitätsvertretungen wählen. Indirekt zählt ihre Stimme daher auch für die Zusammensetzung der Bundesvertretung mehrfach - das bisherige "one man, one vote"-Prinzip für die bundesweite Vertretung gilt also nicht mehr. Aus diesem Grund wird es vermutlich unmöglich sein, genaue Aussagen über die Wahlbeteiligung zu treffen. Die ÖH geht davon aus, dass knapp 10.000 der insgesamt 192.000 ordentlichen Studenten an zwei Universitäten inskribiert sind.

Kein offizielles Endergebnis am 2. Juni

Konsequenz all dieser Neuerungen sind u.a., dass es am Ende der Wahl, am Abend des 2. Juni, kein offiziell von der Wahlkommission bekannt gegebenes Endergebnis geben wird. Die Wahlkommissionen an den einzelnen Unis müssen nur in den Tagen nach der Wahl die Namen der in die Bundesvertretung entsendeten Mandatare bekannt geben. Es wird daher auch keinen offiziellen Vergleich der Bundesergebnisse mit der Wahl von 2003 geben und auch keine offizielle Höhe der Wahlbeteiligung. Die Studentenvertretung selbst will allerdings einen Wahlabend in ihrer Zentrale veranstalten, Ergebnisse sammeln, hochrechnen und vergleichen.

Derzeit verfügen Grüne und Alternative StudentInnen (GRAS) sowie die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) über je 14 Mandate und der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) über zehn. Die Fachschaftslisten (FLÖ) kommen auf drei, der Kommunistische StudentInnenverband (KSV) auf zwei sowie das Liberale StudentInnenforum (LSF) und der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) auf je einen Sitz. (APA)