Na servas G'schäft, jetzt müssen wir uns aber gewaltig anstrengen. Unser österreichischer Charme soll zum Weltkulturerbe erklärt werden. Man kann den Österreich-Werbern für diese grandiose Idee nicht genug danken. Endlich hat es jemand erkannt: Ober, die einem die Menükarte mit einem grußlosen "Biddäää" auf den Tisch knallen, sind nicht ruppig, sondern charmant.

Ebenso Straßenbahnfahrer, die den Heranhastenden mit "Heast Oider, anzah'n, oder soima do übernocht'n" zur Eile antreiben. Charme wird ja von vielen Einheimischen so verstanden: Sie reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist - und die Deutschen lächeln verzückt, weil sie ohnehin glauben, das sei das typisch Liebenswerte an den Ösis.

Auf jeden Fall muss diese Charmeoffensive ab sofort eine nationale Aufgabe sein. Alle müssen mitmachen, "Küss' die Hand" und "G'schamster Diener" kommen ab sofort jedem flüssig von den Lippen.

Denn es wird nicht reichen, wenn die Österreich-Werbung bei der Unesco als Beispiele für besonderen Charme Harald Serafin, Toni Sailer, Waldviertler Knödel oder die Wiener Kaffeehäuser anführt. Die stehen unter anderem auf ihrer Charmebegründungsliste, und das ist jetzt kein Scherz.

Bei all der Begeisterung, mit der wir nach den hohen Ehren streben, können wir ruhig eines vergessen: Was bei uns Charme heißt, ist anderswo Freundlichkeit - und zwar so selbstverständlich, dass man nicht den Schutz der Unesco erbitten muss.

Sollten doch jemandem Zweifel an der Sinnhaftigkeit kommen, so sei er an zwei Weisheiten der Werbebranche erinnert, die hier brav erfüllt werden: Eine Kampagne ist dann gut, wenn viel über sie gesprochen wird - egal, wie ihr Inhalt ist. Und: Im Buhlen um Touristen darf auf keinen Fall ein Klischee ausgelassen werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.03.2005)