Auch als Buch: Die besten Stadtgeschichten aus dem Stadtgeschichten - Archiv - zum Wiederlesen & Weiterschenken. "Wiener Stadtgeschichten" mit Illustrationen von Andrea Satrapa-Binder, Echomedia Verlag Ges.m.b.H., ISBN 3-901761-29-2, 14,90 Euro.

Von Montag bis Freitag täglich eine Stadtgeschichte von Thomas Rottenberg

Es war am Freitag. Aber eigentlich hatte es am Montag begonnen. Nur darüber, wann es zu Ende war, scheiden sich die Geister: Mein Vater und seine Nachbarn behaupten, ihre Telefone seien bis Freitag Nachmittag gestört gewesen. Die Telekom sieht das anders.

Irgendein Bagger hatte am Montag nämlich am frühen Nachmittag bei Grabungsarbeiten im Süden Wiens zwei Telefonkabel gekappt. Dass daraufhin in einem Teil Favoritens alle Telefone ausfielen, klingt logisch. Dass die davon betroffenen Kunden nicht begeistert waren, auch. Glücklicherweise war man bei der Telekom bemüht, den Schaden möglichst rasch zu beheben: Das wurde jedem, der – per Handy – bei der Störungsstelle anrief, versichert. Avisierter Reparatur-Zeithorizont: „Vielleicht noch heute, morgen bestimmt.“

Heute wurde übermorgen

Doch als das heute dann nicht mehr Montag oder Dienstag, sondern Mittwoch hieß, wurden ein paar Leute ungeduldig. Schließlich ist Mittwoch – aus der Montagsperspektive nicht „morgen bestimmt“, sondern „übermorgen“. Und als Mittwoch Donnerstag geworden war, rief mein Vater nicht mehr nur alle zwei Stunden die Störungsstelle an, sondern bat mich, die Post (für Menschen seiner Generation ist die Telekom immer die Post) zu quälen: Als Journalist bei der Pressestelle.

Einschub: Normalerweise tut man so was nicht. Sowas ist einfach unsauber. Mein Vater weiß das. Als gelernter Österreicher weiß er aber auch, wie dieses Land funktioniert. Außerdem, meinte er als ich mich am Freitag gegen elf immer noch weigerte die Telekom-Pressestelle anzurufen, wäre es ja sauberer Journalismus, wenn ich von einem Unbekannten aus einer seit fünf Tagen telefonlosen Siedlung kontaktiert würde und nachfragen würde. Und da auch sein Nachbar und dessen Nachbar und der nächste Nachbar ... Ich gab auf.

Längst behoben

Die Dame bei der Telekom antwortete sehr schnell: Ja, schrieb sie am Freitag zu Mittag, es habe eine Störung gegeben. Aber die sei behoben. Seit Tagen: „Am darauffolgenden Mittwoch, den 9. März 2005 um 15.30 Uhr, wurde die Störung behoben und die rund 500 Teilnehmer konnten ab diesem Zeitpunkt wieder uneingeschränkt telefonieren sowie im Internet surfen. Wir bedauern die Unannehmlichkeiten für unsere Kunden.“

Ich freute mich. Und wollte das meinem Vater mitteilen. Leider – es war Freitagnachmittag – funktionierte sein Telefon nicht: nach einem Düdeldü-Ton sagte eine Tonbandstimme, dass die Leitung gestört sei. Die Dame bei der Telekom wollte mir nicht glauben: Wenn Techniker sagen, dass eine Störung behoben ist, dann sei sie wohl behoben.

Vitamin B

Ich bat die freundliche Dame, das doch meinem Vater selbst zu sagen. Da sein Telefon ja nicht gestört sei, würde das ja kein Problem sein. Sie blieb freundlich, wirkte aber irritiert: „Ah, für einen Verwandten rufen sie also an.“ Keine Stunde später war mein Vater am Apparat: Sein Telefon – und auch das der Nachbarn – funktioniere plötzlich wieder. Allerdings habe sich weder bei ihm noch bei den Nachbarn jemand gemeldet, um zu erklären, wieso die offiziell reparierten Anschlüsse von Mittwoch bis Freitag nicht erreichbar gewesen waren. Aber deswegen noch einmal bei der Post anzurufen, wäre mir dann doch ein bisserl kleinlich vorgekommen.