"Die Operation Spring war die größte kriminalpolizeiliche Aktion in der Zweiten Republik und zugleich der erste Einsatz des Großen Lauschangriffs", schickt Schuster im Gespräch mit der APA voraus, "Und es war das erste Mal, dass anonyme Zeugen komplett verhüllt vor Gericht ausgesagt haben." Im Frühjahr 2002 begannen Schuster und Sindelgruber ihre Recherchearbeit, nahmen Einsicht in Akten, schauten bei Prozessen zu, führten Gespräche in alle Richtungen und untersuchten die umstrittenen Hauptbeweismittel gegen die Angeklagten.
Zusammenarbeit mit der Polizei
So zeigt die Doku erstmals öffentlich das beim Lauschangriff aufgenommene Video, von dem sogar ein Richter einräumt: "Einen Schwarzafrikaner in der Nacht zu erkennen ist schwierig", und erstmals spricht ein ehemaliger Kronzeuge über die zweifelhafte Zusammenarbeit mit der Polizei. "Wir wissen nicht, wer schuldig ist und wer nicht. Es war auch nie unsere Intention das nachzuprüfen, sondern zu schauen, ob die Angeklagten ein faires Verfahren haben oder nicht", betont Schuster.
Im Zug der Besuche in Gefängnissen wurde dem Duo erst bewusst, wie viele Schwarze überhaupt inhaftiert sind. "Das steht in keiner Relation zur Gesamtbevölkerung", so Sindelgruber. Interessiert hat die beiden auch die Entstehung eines Feindbilds "quasi über Nacht", so Schuster: "Vor der Operation Spring ist Marcus Omofuma gestorben, da gab es große Demonstrationen und Diskussionen, Solidarität mit der schwarzen Bevölkerung. Es gab Berichte über mutmaßliche Übergriffe der Polizei auf Schwarze - das ist komplett aus den Medien verschwunden."
"Erfolgsgeschichte" Lauschangriff
Auch dass die Operation Spring als die Erfolgsgeschichte vom Großen Lauschangriff präsentiert und das betreffende Gesetz darauf hin unbefristet verlängert wurde, soll der Film zur Diskussion stellen. Sindelgruber: "Wenn ein Beamter der Legislativabteilung im Justizministerium von 'technischen Kinderkrankheiten' beim ersten Einsatz spricht, dann frage ich mich, was kommt auf uns zu, wenn es darum geht Schutzzonen einzurichten, oder eine flächendeckende Videoüberwachung?"
Kein Interview mit Sondereinheit
Die Polizei-Sondereinheit, die den Lauschangriff durchgeführt hat, wollte keine Interviews geben; auch im Wiener Straflandesgericht erklärte sich ein Richter erst, als er in Pension ging, dazu bereit. Viele Leute von der Justiz, die zwar nicht im Film vorkommen wollten, hätten aber gesagt, sie seien froh dass er gedreht werde und das Thema zur Diskussion stelle, erzählt Schuster.
Allein das eigene Material - ohne Archivbeiträge - das zwischen Jänner und November des Vorjahres gedreht wurde, belief sich auf 60 Stunden. Besonders stolz sind Schuster und Sindelgruber, dass ihr Film als erste österreichische Doku überhaupt vom Sundance Institute Documentary Fund unterstützt wurde. Da auch der ORF im Rahmen des Film/Fernsehabkommens an der Finanzierung beteiligt ist, dürfte eine TV-Ausstrahlung sicher sein, der reguläre Kinostart ist für Herbst geplant.
"Spiegelgrund" in "Sehstationen"