Wien - Kaum ein Tier hat ein derart schlechtes Image wie der Hai - der nicht zuletzt in Filmen meist als blutrünstiges Monster dargestellt wird. Ab dem 19. März wird im Naturhistorischen Museum ein neuer Saal eröffnet, der das Bild des verkannten Meeresjägers gerade rücken hilft. So stirbt etwa alle drei Sekunden weltweit eines dieser Tiere durch den Menschen, während tödliche Hai-Attacken eine Ausnahme bleiben.

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Für leichte Gänsehaut dürfte die neue Installation aber trotzdem sorgen: Von den benachbarten Sälen kommend, betreten die Besucher durch eine Lichtschleuse den Haisaal, in dem es dunkel ist. Nur fahles Licht fällt durch die Fenster, schimmernde Reflexe huschen über eine Gruppe von fast 40 Haien und Rochen - die in dynamischem Schwung durch eine neue Großvitrine zu jagen scheinen. Je nach Position des Betrachters tauchen an immer neuen Stellen des Raums die Spiegelbilder der Tiere auf. Aus der Ferne hört man aus Lautsprechern das Rauschen der Brandung.

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Die freistehende Großvitrine ist laut Naturhistorischem Museum die größte ihrer Art in ganz Europa. Darin wird mittels Modellen die unglaubliche Artenvielfalt der Haie zusammen mit jener ihrer engsten Verwandten, der Rochen und Chimären (auch Seekatzen genannt), gezeigt.

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In den umliegenden Vitrinen werden verschiedene Themen präsentiert: Etwa typische Merkmale des Körperbaus der Haie und ihrer Verwandten, die Fortpflanzung, die verschiedenen Ausprägungen ihrer Kiefer oder die bemerkenswerten Sinnesleistungen der Haie. Auch auf die Bedeutung der Tiere für die Bionik, also jener Wissenschaft, die Lösungen für technische Fragen durch Analyse und Nachbau von "Erfindungen" der Natur sucht, wird eingegangen.

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Mit dem Thema Haie ist auch untrennbar der Aspekt der Gefährlichkeit der Tiere verbunden. Im Schnitt werden pro Jahr weltweit 60 Angriffe auf Menschen registriert, davon verlaufen zehn Prozent tödlich. Da mehr als 80 Prozent der Haiarten weniger als zwei Meter groß werden, kommen sie als Gefahr nur selten in Betracht. Insgesamt wurde für 44 der rund 400 Arten wenigstens ein Angriff auf einen Menschen dokumentiert.

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Nur drei Arten, nämlich der Große Weiße Hai, der Tigerhai und der Gemeine Grundhai, sind für zwei Drittel aller Unfälle und über 80 Prozent aller Todesopfer durch Haiattacken verantwortlich. Die weltweit pro Jahr durchschnittlich 60 Zwischenfälle mit Haien sind meist als Freizeitunfälle zu bewerten. Sie erfolgen zu 35 Prozent im flachen Wasser, gefolgt von Angriffen auf Schwimmer im tieferen Wasser (34 Prozent), Taucher (23 Prozent) und Surfer (8 Prozent).

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Prinzipiell gehören Menschen nicht zum Beutespektrum der diversen Haiarten. Haie verwechseln laut den Experten auch keineswegs den auf einem Surfbrett liegenden Menschen mit einer Robbe, wie häufig behauptet wird. Haie testen jedoch gelegentlich Menschen auf ihre "Beutetauglichkeit" - und zwar durch aus ihrer Sicht vorsichtige Testbisse, die dazu dienen, das unbekannte Ding zu schmecken. Danach drehen sie meist ab.

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Zwar kann selbst ein "vorsichtiger Testbiss" eines drei oder vier Meter langen Hais schwere Verletzungen nach sich ziehen - dennoch halten die Experten des Museums die weit verbreitete Hai-Angst für ebenso unbegründet wie übertrieben - was unter anderem mit einem Vergleich dokumentiert wird: Durch herabfallende Kokosnüsse sterben demnach pro Jahr 25 Mal mehr Menschen als durch Haiangriffe.

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Ganz anders sieht es mit der Gefährdung in umgekehrter Richtung aus: Rund ein Viertel aller Haiarten sind von wirtschaftlichem Interesse. Ein aus der Leber von Haien gewonnenes Öl, das "Squalen", findet bei der Herstellung von Schmiermitteln, in der Kosmetikindustrie und zur Produktion pseudomedizinischer Wundermittel Verwendung. Auch Skelettknorpel der Haie werden zu wirkungslosen Heil- und Potenzmitteln verarbeitet. Die Haut von Haien dient zur Ledererzeugung, aus Zähnen wird Schmuck - und durch "Sportfischer" sterben ebenfalls jährlich Millionen von Haien.

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Eine besonders große Gefährdung ist der "versehentliche" Fang in den Netzen der großen Fangflotten. Haie mit einem Gesamtgewicht von wenigstens 600.000 Tonnen enden jährlich als unerwünschter Beifang. Die brutalste Form der Nutzung der "Ressource Hai" ist das Finning, bei dem den Tieren nach dem Fang einfach die Flossen abgeschnitten werden. Der "Rest" wird wieder ins Meer geworfen. Die Haie verenden dann qualvoll für die Produktion von Haifischflossensuppe.

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Eine weitere Vitrine in der Austellung beschäftigt sich mit Hans Hass, der als Tauchpionier und Unterwasserfilmer den Menschen im Kino bzw. vor dem Fernsehschirm die Schönheiten der Meere vor Augen führte. Seine spektakulären ersten Aufnahmen von Haien zeigten, dass das Bild vom blutrünstigen Killer nicht zutreffend war.

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Zur offiziellen Eröffnung der permanenten Hai-Ausstellung gibt es am 19. und 20. März ein großes Aktionswochenende - mit Hai-Fachleuten, Führungen und einem speziellen Kinderprogramm. Am 30. März wird dann Hans Hass persönlich von seinen Erlebnissen berichten. (APA/red)

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Naturhistorisches Museum Wien

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