Die Designer und Architekten Todd MacAllen und Stephanie Forsythe sind Spezialisten für Zwischenräume. Ob in der Bienenwabenstruktur ihres ausziehbaren Raumteilers oder bei der Gestaltung eines Teeservice, an dem man sich nie die finger verbrennt.

Foto: Hersteller
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Wenn es um Tee oder um Wände geht, werden die Eheleute Todd MacAllen und Stephanie Forsythe zu Überzeugungstätern. Die Kanadier entwarfen ein Service von solcher Eleganz, dass die Bezeichnung Teepott eine wahre Beleidigung wäre. Und auch mit ihren Trennwänden aus Papier, den so genannten "softwalls", die sich wie ein Fächer ausfalten lassen, realisierten sie ein ebenso anmutiges wie durchdachtes Objekt.

"Die Zeremonie des Zubereitens und die Farbe des Tees wurde uns wichtiger als die Teekanne selbst", beschreibt Todd MacAllen den Entwurfsprozess. "Außerdem wollten wir ein Objekt designen, das Menschen einen Grund gibt, zusammenzukommen und ein soziales Ritual zu pflegen." Wie aus einer Weinflasche gießt man den Tee aus der schlanken Kanne, die aus zwei konzentrischen Zylindern besteht. Das Vakuum dazwischen hält die Getränke auf Temperatur, gibt die Wärme aber nicht nach außen ab: Auch bei brühend heißem Inhalt verbrennt man sich an der "Tea float lantern" nicht die Finger.

Im Sockel des Services ist eine Kerze untergebracht, die Twinings & Co wärmt und mit ihrem Lichtschein einer einfachen Angelegenheit etwas Feierliches verleiht. Bis das Designerpaar, das seit 1996 ein multidisziplinäres Studio für Architektur und Design in Vancouver betreibt, die Flasche thermal optimiert hatte, verging eine Menge Tüftelzeit. Monate, die sich allerdings mehr als gelohnt haben: Denn im Mai 2004 erhielten die beiden auf der "International Contemporary Furniture Fair" in New York die Auszeichnung als beste Designer - die Jury stellte ihr klares, klassisches Produktdesign in die Tradition von Arne Jacobsen und Mies van der Rohe.

Doch das umtriebige Designerpaar ist nicht beim Teetrinken sitzen geblieben. Geforscht und experimentiert haben sie auch mit Papier - für MacAllen ebenso wie Glas ein unterschätztes Material. Mit ihren "softwalls", teleskopartig verschiebbaren und wattewolkenleicht wirkenden Trennwänden, wollen seine Frau und er versuchen, "die Wahrnehmung zu verändern, die man von Papier hat, diesem wirklich wunderbaren und fragilen Stoff".

"Molo Design" nicht leicht herzustellen

Versteht sich fast von selbst, dass auch dieses "Molo"-Design nicht leicht herzustellen ist: Jede der schallschluckenden Wände besteht aus hunderten Schichten Papier, die in einem aufwändigen Prozess präzise miteinander verklebt werden. Die einzelnen Lagen der feuerfesten Wände setzen sich aus 400 Schichten transluzenten Papiers zusammen, das zu einer Art Bienenwabenstruktur verarbeitet wird. Zusammengehalten wird die leichtgewichtige Wand von Wollfäden. Erhältlich sind die flexiblen Raumelemente in zwei Höhen, nämlich zwei Meter sowie 1,20 Meter. Erstaunlich sind neben der unbeschwerten Ästhetik auch die Verwandlungstalente des Raummachers. Von einem nur zwei Zentimeter dicken Papierstapel in zusammengeschobenem Zustand lässt sich die 7,7 Kilogramm schwere und 30 Zentimeter dicke Wand auf bis zu 7,5 Meter ausziehen und beliebig erweitern.

Warum aber gestalten "Molo" ausgerechnet Wände? Letztlich sind die frei stehenden Trennwände, die nahezu jede Form annehmen können, Ergebnis des multidisziplinären Ansatzes von "Molo". Als Architekten interessieren sich die beiden für Städte, für öffentliche Plätze, und wie sich Menschen Raum teilen. "Grundsätzlich sind offene, großzügige Lebensräume für das Familienleben und für den individuellen Geist natürlich besser als Wohnungen mit kleinen, verschachtelten Räumen. Das kann sich jedoch nicht jeder leisten. "Weil wir aber alle Privatheit brauchen, einen Platz zum Zurückziehen, haben wir die "softwalls" entwickelt: Sie garantieren eine Intimsphäre inmitten eines offenen Raums, ohne dass dieser dauerhaft verändert werden muss", so Tod MacAllen.

Das Arbeiten mit Schichten fasziniert

Das Arbeiten mit Schichten, ob aus Glas oder Papier, fasziniert MacAllen (38) und Forsythe (34), seit sie einen internationalen Architekturwettbewerb für ein Wohnprojekt in Japan gewonnen haben. Dafür entwarfen sie Wohneinheiten, die aus zwei ineinander geschobenen Glasschichten bestehen. "Uns interessierten Experimente mit Borosilikatglas und die Idee, verschiedene Schichten zu verwenden", sagt MacAllen. "Ähnlich wie ein doppelt verglastes Fenster nutzt die Teekanne die Möglichkeiten aus, Wärme zu speichern." Weder dehnt sich Borosilikat bei Hitze oder Kälte, noch schrumpft das Material, mit dem normalerweise Forschungsgeräte produziert werden.

Den richtigen Produzenten zu finden war für die Designer nicht leicht. Am Ende wurden sie in einer tschechischen Manufaktur in der Stadt Zelezny Brod fündig, die auf eine jahrhundertelang gewachsene Glasbläsertradition zurückblicken kann. Um Herstellung und Vertrieb ihrer Produkte zu koordinieren, firmieren MacAllen und Forsythe nun unter dem Namen "Molo Design". In Kanada und den USA feiert man die zwei als viel versprechende Talente; manch Insider rückt die Arbeit des Paares sogar in die Nähe der Pionierleistung von Charles und Ray Eames: So wie diese einst mit Sperrholz experimentierten, bis sie es zu ihrem berühmten Stuhl bogen, haben auch Forsythe and MacAllen mit ihren Werkstoffen gespielt, um am Ende wirklich einzigartige Objekte präsentieren zu können.

"Molo Design" bewegt sich auf einer Skala...

... zwischen Produktdesign und Architektur, die verschiedenen Projekte beeinflussen sich gegenseitig - und so werden die Grenzen zwischen den Disziplinen fließend. "Ich fände es verrückt, wenn ich nur eins von beiden machen würde", meint MacAllen. "Wir werden weiterhin Objekte designen, mit denen wir räumliche Überlegungen und sinnliche Erfahrungen in das alltägliche Leben bringen. Anders können wir gar nicht."

Aus einem gewöhnlichen Gebrauchsgegenstand wie der Teekanne und einem so fragilen "fast Nichts" wie der Trennwand macht "Molo" etwas Besonderes, ja Luxuriöses. Teeset und "softwalls" fallen nicht auf, weil sie ein poppiges Design in die Welt schreien, sondern weil sie, still und hintergründig, mit allen Sinnen spielen. So etwas ist selten geworden. (Der Standard/rondo/11/03/2005)