Das Wiener Quartett "Trio Exklusiv" päsentiert "International Standards". Von links: Mex Wolfsteiner, Franz Reisecker, Richard Klammer und Martin Zrost.

Foto: Wasserbauer

Sie beweisen damit, dass die Verhältnisse nicht nur durch Discjockeys zum Tanzen gebracht werden können. Es geht auch mit live gespielter "intelligenter Unterhaltungsmusik".

Wien – "Irgendwann sind wir nach unseren Clubbing-Anfängen schließlich bei Jazzfestivals wie jenem in Montreux gelandet. Sozusagen als ,Auflockerungsgilde' am Schluss. Wenn es vorher anstrengend war mit dem Krixikraxi, dann bügeln wir anschließend drüber – und das Publikum darf sich entspannen."

Martin Zrost meint das nicht zynisch. Der eigentlich vom Jazz der experimentellen Prägungsart kommende heimische Multiinstrumentalist weiß im Verein mit seinem seit 1999 als Quartett agierenden Trio Exklusiv aus Wien schlicht um eines:

Die laut eigener Aussage demokratisch geführte Band ("Ja, leider! Aber es geht!"), die kommendes Wochenende mit International Standards ihr zweites Album bei der heimischen Jazzabteilung des Unterhaltungsriesen Universal veröffentlicht, arbeitet nicht erst jetzt an einem ebenso entspannten wie mitreißenden musikalischen Konzept.

Das Trio Exklusiv, zu dem auch noch Jazztrompeter und Brülltier Richard Klammer als Rampensau, Franz Reisecker als Gitarrist und Elektroniker sowie Mex Wolfsteiner am Schlagzeug gehören, hat stilistisch nach einem titellosen Debüt aus 2002 und regelmäßiger Live-Erfahrung als Mitternachtseinlage bei DJ-Abenden jetzt endgültig zu sich selbst gefunden.

Der Party-Faktor

Nach monatelanger Studioarbeit unter der Produktionsregie des Wiener Technoproduzenten Patrick Pulsinger ist mit den neun Stücken des neuen Albums eine gleichzeitig stimmige wie inhomogene Mischung entstanden, die vor allem auf einen Faktor baut:

Das aus den Überresten verdienter heimischer Bands wie dem Orchester 33 1/3 oder Planet E kommende Trio Exklusiv sieht sich irgendwo im Nirgendwo als Unterhaltungskapelle auf höchstem Niveau angesiedelt. Das bedeutet: Wenn die Leute im Saal nicht mitgerissen werden, dann ist etwas bei den Vorarbeiten gewaltig schief gelaufen. Was nicht ausschließt, dass man improvisatorisch absichtlich etwaige Fehlerquellen einbaut.

Zwischen Groove und Elektronik, Track und Song sowie Soul und Brett oder Jazz und Diskothek mäandern hier grundsätzlich während gemeinsamer Jam-Sessions entwickelte Stücke im Sinne eines auf die Vergangenheit Rücksicht nehmenden "Retro-Chic". Gangsterfilm-Soundtracks aus den 60er- und 70er-Jahren treffen auf die Errungenschaften von Groove-Jazz, Dub-Reggae, das nicht unterzukriegende Fach Gloria Gaynor oder einen Soul-Funk-Groove, der sich mehr an zeitgenössischen Laptop-Errungenschaften orientiert als an verwittert klingenden Big-Band-Arrangements eines Quincy Jones.

Das ist Reformhölle, Baby! Und es funktioniert!

Zwar gibt man der Musik vor allem live jede erdenkliche Freiheit. Das schlägt sich unter anderem in einem grundsätzlich offen gehaltenen Bandkonzept nieder, in dem Gäste jederzeit willkommen sind. Dieses Mal ist etwa neben dem "Wiener Frank Sinatra" Louie Austen und der US-nigerianischen Sängerin G. Rizo oder heimischen Größen wie Flip Philipp auch US-Soul- und Folk-Legende Terry Callier mit dabei.

Terry Callier, der nach Jahrzehnten in der Versenkung seit einiger Zeit unter anderem auch schon beim Jazzfest Wien in der Staatsoper ein längst überfälliges Comeback feierte, steuert das mit wunderbarem Falsett gesungene und gejodelte Soul-Reggae-Stück Slo-Mo bei.

Gitarrist Franz Reisecker, den man gerade für ein Jahr lang als Soundtrack-Lieferanten für die Werbespots einer großen Versicherung im Fernsehen mehrmals täglich hören kann: "Den haben der Schlagzeuger und Patrick Pulsinger vorgeschlagen. Ich habe den gar nicht gekannt. In Wien im Studio habe ich ihn auch versäumt, weil ich mit einem Freund auf dem Land Schnaps kaufen war." Martin Zrost: "Schnapskaufen ist auch sehr wichtig!"

Die gemeinhin von Fachkreisen völlig zu Recht als "beste Liveband des Landes" gehandelten Herren bewegen sich damit vielleicht ein allerletztes Mal auf Kreuzzug. Trotz auch kulturpolitisch bedingter Einschnitte in diesem Land, in dem Auftrittsmöglichkeiten für Musiker über ständige Einsparungen bei alternativen Kulturinitiativen konsequent immer noch mehr beschnitten werden. Solange die Hasen fliegen dürfen.

Martin Zrost: "Wir sind jetzt alle vier um die 40 in einem Alter, in dem schon noch einmal viele Musiker den Hut draufhauen. In den letzten 20 Jahren haben wir viele unserer Kollegen hinter uns gelassen. Beziehungsweise sagen die, es sei genau umgekehrt. Weil wir immer noch dasselbe machen. Aber gerade das ist noch einmal spannend. Wenn es nicht klappt, muss man es mit Familie dann ohnehin langsam sein lassen."

Franz Reisecker: "Musiker sein ist auch eine Frage der Leistbarkeit. Ich habe kein Auto, keine Familie, eine billige Wohnung und keine Ansprüche. Aber ich bin mein eigener Chef!"

Zur Not müsse dann halt "Schnappi das Krokodil" das während der für eine heimische Alternative-Band ungewöhnlich langen Studioarbeiten verbrauchte Geld einfahren. Zumindest für die Plattenfirma. Trio Exklusiv und Schnappi sind Labelkollegen. (DER STANDARD, Printausgabe, 09.03.2005)