Foto: SP-KTN
Mit Frauenbeschäftigung, ungleichem Lohn für gleiche Arbeit, aber auch "häuslicher" und "kultureller" Gewalt gegen Frauen beschäftigt sich der Frauenauschuss im europäischen Parlament. Mit Christa Prets, SPÖ-Abgeordnete und Frauenauschuss-Mitglied, sprach Ina Freudenschuss am Rande der Plenarsitzung des EU-Parlaments in Strassburg über die neuen frauenpolitischen Herausforderungen in einem erweiterten Europa, die Zusammenarbeit mit konservativen FrauenpolitikerInnen und ihre eigenen größten politischen Erfolge:

dieStandard.at: Worin sehen Sie die Aufgabe des Frauenausschusses im Parlament?

Christa Prets: Der Frauenausschuss beschäftigt sich in erster Linie mit frauenpolitischen Themen, in denen wir Rechtskompetenz haben. Aktuell ist das zum Beispiel die Beschäftigungsrichtlinie, über die wir im Interesse der Frauen mit dem Rat, der Kommission und dem Parlament diskutieren und verhandeln. Dort, wo wir keine Mitbestimmung haben setzen wir Initiativen und verfassen Berichte, zum Beispiel zu den Themen Gewalt gegen Frauen, Frauenhandel, Frauen in Krisenherden. Gerade im letzten Bereich wird ja hauptsächlich über die Kampfhandlungen berichtet, aber was sich dahinter abspielt, ist mindestens so grausam wie die Geschehnisse auf dem Schlachtfeld. Besonders wichtig ist hier die internationale Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen und NGOs, die uns über die Geschehnisse vor Ort informieren.

Zusammengesetzt ist der Frauenausschuss nach der politischen Verteilung im EU-Parlament. Auch die Vorsitzenden werden entsprechend des politischen Kräfteverhältnisses eingesetzt. Den Vorsitz hat im Moment die konservative Polin Anna Zaborska. Dann gibt es die Fraktionen und die jeweiligen Frauensprecherin der Fraktionen.

dieStandard.at: Gibt es im Frauenausschuss auch parteipolitische Differenzen?

Christa Prets: Im Grunde genommen versuchen wir, Frauenanliegen gemeinsam durchzusetzen. Aber natürlich gibt es auch Auseinandersetzungen innerhalb des Frauenausschusses, zum Beispiel, wenn sich US-Präsident Bush im Rahmen von Peking +10 gegen die Abtreibung ausspricht und er von der konservativen Fraktion dafür Rückenwind bekommt.

Wir haben ja jetzt erstmals eine konservative Frauenvorsitzende und es sind schon Unterschiede im Ansatz bemerkbar. Es wird vermehrt Familienpolitik mit Frauenpolitik vermischt, was wir verhindern müssen. Meiner Ansicht nach sind das sehr unterschiedliche Dinge mit partiellen Überschneidungen.

dieStandard.at: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Provokateuren wie dem britischen Abgeordneten Godfrey Bloom im Frauenausschuss?

Christa Prets: Speziell dieser Abgeordneter wird eigentlich fraktionsübergreifend negiert. Er hat sich mit seinen Äußerungen, dass Frauen nicht ausreichend hinter dem Kühlschrank putzen würden, gleich zu Beginn disqualifiziert. Den haben wir praktisch kaltgestellt. (lacht)

dieStandard.at: Gibt es auf EU-Ebene Diskussionen über die Fristenlösung?

Christa Prets: Im Frauenausschuss gab es eine Diskussion, als wir den Wechsel der Vorsitzenden hatten. Frau Zaborska hat sich in Polen explizit gegen Abtreibung ausgesprochen und ist Abtreibungsbefürworterinnen aggressiv gegenüber aufgetreten. Unser Standpunkt ist der, dass Abtreibung dort Recht bleibt, wo es Recht ist, und dort wird, wo dieses Gesetz noch fehlt.

dieStandard.at: Wäre es theoretisch möglich, die Fristenlösung auf EU-Ebene zu verbieten?

Christa Prets: Nein, weil das nationales Recht betrifft. Auch in der neuen Verfassung gibt es dafür keine Grundlage.

dieStandard.at: Welche Themen stehen konkret an?

Christa Prets: Aktuell wird viel darüber diskutiert, wie sich die Rechtslage auf die Frauen in der Türkei auswirkt. Was können wir dazu tun, um Frauen im Islam, zu helfen, ohne ihre Kultur zu verletzen? Die Ergebnisse von Peking +10 wird auch aktuell besprochen. Über Frauenhandel in Europa wird es von mir einen Initiativbericht geben, seine Entwicklung und das Verhalten der Bevölkerung. Eigentlich reagiert ja niemand darauf...

dieStandard.at: Wie würden Sie die Unterschiede zwischen EU- und Bundespolitik beschreiben?

Christa Prets: Ich denke, dass sich auf EU-Ebene die parteipolitischen Grenzen doch viel stärker verwischen. In den Fachausschüssen wird über weite Teile Sachpolitik betrieben. Tagesaktuelle, parteipolitische Debatten sind hier nicht so gefragt.

Im EU-Parlament gibt es außerdem keinen Fraktionszwang, was Abstimmungen spannender macht.

dieStandard.at: Wie beurteilen Sie die Diskussion um das Demokratie-Defizit der EU?

Christa Prets: Ich halte es für wichtig, dass wir jetzt die Verfassung bekommen. Es bedeutet eine Legitimation für unsere Arbeit. Außerdem wird nach dem Beschluss nicht mehr von Brüssel regiert als vorher. Die Verfassung bedeutet eine Stärkung des Parlaments und eine Schwächung des Rates, der bis dato fast im Alleingang entschieden hat. Durch die Verfassung bekommt das Parlament in über 70 Belangen zusätzlich die Möglichkeit zur Mitentscheidung, anstatt nur angehört zu werden. Das führt dann auch zu mehr Diskussion und in folge zu mehr Demokratie

dieStandard.at: Was sehen Sie als ihren größten politischen Erfolg?

Christa Prets: Meine Kulturinitiative zur kulturellen Vielfalt und der Artikel 13, in der die Gleichstellung der Frauen außerhalb des Arbeitsbereiches geregelt wird. Übriggeblieben ist nach den vielen Streichungen der Versicherungs- und Pensionsbereich, in dem Frauen nun gleichstellt werden. Es freut mich persönlich - trotz anfänglicher Belächlung -, dass wir es geschafft haben, den 'biologischen Unterschied' von Männern und Frauen aus der Bewertung zu nehmen. Frauen mussten vorher beispielsweise in private Krankenversicherungen bis zu 60 Prozent mehr als Männer einzahlen, weil sie das 'Risiko der Schwangerschaft' tragen. Das ist doch Diskriminierung par excellence. Gerade aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Eigenvorsorge macht dies einen großen Unterschied für junge Frauen. Sie müssen jetzt über ihre neuen Rechte aufgeklärt werden.

dieStandard.at: Waren Sie vor ihrer Politikerinnen-Karriere schon feministisch aktiv?

Christa Prets: Das kam erst mit meinem Einstieg in die Politik. Als Bürgermeisterin musste ich mich natürlich mit Männern auseinandersetzen. Bei meiner Tätigkeit in der burgenländischen Landesregierung habe ich auch gelernt, dass es ziemliche Unterschiede gibt in der Entwicklung der Frauenpolitik. In manchen Gegenden gibt es einen hohen Frauenanteil, in anderen tut sich seit Jahrzehnten gar nichts. Ersteres gegen zweiteres auszuspielen ist aber der falsche Weg.

die Standard.at dankt für das Gespräch.