Integrieren einen Landstreicher (Alexander Puhrere, Mitte) in ihre Langeweile: Laetitia (Hyon Lee) und Miss Todd (Fran Lubahn) .

Foto: Next Liberty/Roland Renner
Als Gian Carlo Menotti in den 1930er-Jahren seine groteske Oper "Die alte Jungfer und der Dieb" schrieb, waren die USA ein Land, in dem Wirtschaftskrise und Mafiawesen auf Ideale von Häuslichkeit und Zweisamkeit prallten. Wie brüchig diese Welt des inszenierten privaten Glücks ist, thematisiert die Produktion der Grazer Oper (im Next Liberty). Das von Isabel Toccafondi gestaltete Bühnenbild zeigt eine sorgsam aufgeräumte Wohnküchenlandschaft, in der alles seinen Platz besitzt, so auch die im Kühlschrank konservierten Brautsträuße. Als die Damen des Hauses - Fran Lubahn (als sittsame Miss Todd), Hyon Lee (als weniger sittsames Hausmädchen Laetitia) - einen Landstreicher aufnehmen, wird dieser in die Langeweile integriert, dass er darin verschwindet. Alexander Puhrer (als Bob) wird schubladisiert. Die Inszenierung von Tatjana Gürbaca ist witzig und temporeich, vor allem aber arbeitet sie die Aktionsmechanismen dieser Groteske heraus. Jede Aktion wird von den heimlichen Hoffnungen der beiden Damen getragen, das männliche Subjekt tritt nur als Wunschbild in Erscheinung. Dorit Machatsch als Miss Pinkerton verkörpert da die Außenwelt: als Freundin, Warnruf, Polizei oder als schlechtes Gewissen. Die Verbindung zu dem von Michael Brandstätter dirigierten musikalischen Geschehen ist nicht zuletzt durch die räumliche Verteilung gegeben. Die Bläser des tollen KlangImPuls-Orchesters sitzen wie Kantenhocker auf den Kästen und werden wie Bob zum Teil der Einrichtung. Das markante Klangbild mischt sich mit der von der Deklamation wie der gesanglichen Gestaltung schlüssigen Ensembleleistung. Die ersehnte traute Harmonie, sie zeigt sich immerhin musikalisch. (spou/DER STANDARD, Printausgabe, 08.03.2005)