Brasilia - Die brasilianische Polizei hat auch den zweiten mutmaßlichen Mörder der Ordensfrau Dorotea Stang - einer US-Staatsbürgerin - gefasst. Der Berufskiller Uilquelano Pinto soll die international bekannte Menschenrechtlerin und Umweltschützerin zusammen mit seinem Komplizen Rayfran Sales vor zehn Tagen im Amazonas-Teilstaat Para erschossen haben. Sales war laut Kathpress bereits am Montag verhaftet worden und hat die Tat laut Polizeiangaben gestanden. Nach dem wichtigsten Auftraggeber des Mordes wird noch gefahndet.

Illegale Urwaldrodung

Dabei soll es sich um einen Großgrundbesitzer handeln. Stang hatte ihm vorgeworfen, "Sklavenarbeiter" auszubeuten. Zudem zeigte ihn die Missionarin unter anderem wegen illegaler Urwaldrodung mehrfach bei den Umweltbehörden an, woraus ihm erheblicher materieller Schaden entstanden war. Mehrere illegale Holzfirmen sahen sich ebenfalls durch die 74-Jährige Ordensfrau in ihren Geschäften gestört; sie bezeichneten sie mehrfach öffentlich als "Hindernis, das beseitigt werden muss".

Unterdessen wurde ein Brief vom Jänner veröffentlicht, in dem Stang die Regierung zum wiederholten Mal über den "Terror" in der Amazonasregion sowie über Morddrohungen unterrichtete. Brasilia unternahm jedoch offenbar nichts.

Neben den Vereinten Nationen prüft derzeit auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), ob sich die Regierung von Staatschef Luis Inacio "Lula" da Silva bei den Ermittlungen im Mordfall Stang an internationale Verpflichtungen hält und angesichts der explosiven Lage die notwendigen Maßnahmen einleitet.

Der für die kirchliche Kommission für Landseelsorge (CPT) tätige französische Anwalt und Dominikaner Henri des Roziers bat am Dienstag die Regierung um den Schutz von Landlosencamps im Teilstaat Para. Die Camps würden derzeit von immer mehr "Pistoleiros" umzingelt; die Landlosen seien der Gewalt ausgeliefert.

Kopfgeld für Ordensmann

Der Ordensmann erhält nach eigenen Angaben ebenfalls Morddrohungen. Laut einer kürzlich von der Kirche veröffentlichten Todesliste beträgt das Kopfgeld für ihn umgerechnet rund 30.000 Euro, etwa doppelt so viel wie für Stang. Als eines der größten Probleme in Para bezeichnete Roziers die Straffreiheit. Alle "Pistoleiros", die wegen der Ermordung von Landlosen verurteilt wurden, hätten fliehen können, "teilweise durch die Hauptpforte des Gefängnisses". Die Justiz des Teilstaates schütze nur die Mächtigen, so der Ordensmann. (APA)