London - Mit einem offensichtlichen Zugeständnis an die Opposition hat Großbritanniens Innenminister Charles Clarke am Dienstag sein umstrittenes neues Anti-Terror-Gesetz vorgestellt. Dabei will er zunächst auf den scharf kritisierten Schritt verzichten, Terrorverdächtige unter Hausarrest zu stellen. Die derzeit geltende Gesetzgebung solle "nicht einfach überarbeitet", sondern durch "Maßnahmen" ersetzt werden, "die vollständig mit dem Europäischen Menschengerichtshof übereinstimmen", sagte Clarke vor dem Unterhaus in London. Polizei und Sicherheitskräfte hätten ihm versichert, dass es derzeit "nicht nötig" sei, Terrorverdächtige unter Hausarrest zu stellen, wie er es für die neue Gesetzgebung ursprünglich vorgesehen hatte.

Sollte sich die gegenwärtige Lage ändern, könne sich die Regierung durchaus in einer Situation wiederfinden, wo sie einen Einzelnen oder mehrere Verdächtige unter Hausarrest stellen müsse, sagte Clarke. Dazu müsse der amtierende Innenminister aber einen Teilaufhebungsantrag stellen, um sich von Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention loszusagen; erst dann könne er so genannte Kontrollanweisungen geben und Verdächtigen zum Beispiel auch verbieten, ein Telefon oder einen Computer zu benutzen.

Die Regierung müsse die Möglichkeit haben, die Bevölkerung jetzt und in Zukunft wirksam zu schützen, verteidigte Clarke die Gesetzesvorlage. "Es wäre die schlimmste Pflichtverletzung, solange zu warten, bis wir hier einen Terroranschlag haben und erst nach dem Ereignis zu reagieren."

Die Regierung von Premierminister Tony Blair muss ihre bisherige Anti-Terror-Gesetzgebung von 2001 ändern, nachdem das oberste britische Gericht sie im Dezember für nicht verfassungsgemäß erklärt hatte. Die Richter hatten geurteilt, dass es gegen die Menschenrechte verstoße, wenn Verdächtige - wie auf Grundlage des bisherigen Anti-Terror-Gesetzes möglich - ohne ein Verfahren festgehalten würden. Die Gesetzgebung war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet worden. (APA/AFP)