Wien - Neurobotenstoff-Transporter im Fokus der Wirkung von aufputschenden Drogen wie Amphetamin, Ecstacy, Ice oder Speed: Wissenschafter vom Pharmakologischen Institut der Medizinischen Universität Wien veröffentlichen jetzt mit einer Arbeit in der Fachzeitschrift "Molecular Pharmacology" ihre Studienergebnisse, mit denen sie den Mechanismus dieser Substanzen aufklären. Es kommt offenbar durch ein ausgeklügeltes Zusammenspiel verschiedener Komponenten zur Freisetzung von Neurotransmittern, im Falle des Ecstasy vor allem des "Glückshormons" Serotonin.

Die Wirkung von freigesetzten Nervenbotenstoffen - so genannten Neurotransmittern wie z.B. Serotonin - an den entsprechenden Rezeptoren ("Serotonin erregt den Serotonin-Rezeptor") wird dadurch beendet, indem sie über bestimmte, dazu passende Serotonin-Transportproteine durch die Membran der selben Nervenzellen in deren Inneres geschleust werden. Im Falle des Gebrauchs von "Ecstasy & Co" kommt es bei den Konsumenten zu einer stärkeren Ausschüttung des "Glückshormons" Serotonin durch den Serotonin-Transporter.

Bisher glaubte man, dass bei den aufputschend wirkenden Substanzen einzelne dieser Eiweißstoffe im Alleingang durch die Freisetzung von Neurotransmittern ihren Effekt entfalten. Doch laut dem Forschungsteam um Univ.-Prof. Dr. Harald Sitte und Univ.-Prof. Dr. Michael Freissmuth ist die Sache komplizierter. Die Wiener Wissenschafter untersuchten diese Abläufe im Detail. Demnach greifen die Aufputschmittel in den Transport von Serotonin, im speziellen in die Wirkung der Serotonin-Transporter-Proteine (SERT).

Konkurrenz zwischen Amphetaminen und Neurotransmittern

Sitte: "Auf Grund ihrer ähnlichen Struktur konkurrieren die Amphetamine mit Neurotransmittern um den Platz an den Transportproteinen. Paradoxerweise ist es aber nicht diese Konkurrenz, die für die Wirkung der Amphetamine verantwortlich ist, sondern ein anderes, bisher wenig verstandenes Phänomen - die Amphetamine bewirken die Freisetzung von natürlichen Neurotransmittern, also eine Umkehr der Transportrichtung."

Demnach kommt es bei einer geringen Konzentration von Amphetamin zunächst zur Aktivierung eines von zwei Serotonin-Transporter-Proteinen, die an der Zelloberfläche als Komplex miteinander verbunden vorliegen. Über diese durch die Zellmembran reichenden Strukturen gelangt die Substanz in die Zellen. In der Folge kommt es zu einer Aktivierung des Enzyms Proteinkinase C, das die zweite - bis dahin nicht aktive - Untereinheit des Serotonin-Transporterprotein-Komplexes in Gang setzt. Erst damit wird die Freisetzung dieses "Glückshormons" ermöglicht. Seine Konzentration im Spalt zwischen zwei Nervenzellen (synaptischer Spalt) wird dadurch drastisch erhöht und der "anregende" Effekt ist da.

"Pas de deux" zweier Proteine

Sitte: "Die Wirkung der Amphetamine ist also quasi auf ein Pas de deux zweier Proteine angewiesen, für die eine enge räumliche Nähe Voraussetzung ist." Die Forschungsarbeit wurde vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt. Die Resultate könnten auch einen neuen Ansatz für die Suche nach Therapien gegen psychische Störungen wie Depressionen und Angstzustände darstellen. (APA)