Innsbruck – Die im Nachrichtenmagazin profil aufgedeckte NSDAP-Mitgliedschaft von Tirols legendärem Landeshauptmann Eduard Wallnöfer sorgt für Aufregung und Staunen, auch im Familienkreis: "Weder mir noch meinen beiden Brüdern war das bekannt", sagt Wallnöfers Tochter Luise, Ehefrau des amtierenden Landeshauptmanns Herwig van Staa. "Wenn das so gewesen sein sollte, kann ich mir das nicht erklären. Sein Leben zeugt von einer anderen Einstellung". Auch Wallnöfers Schwiegersohn van Staa, der in Indien weilt, habe "nichts gewusst", sagt Sprecher Markus Giesinger.

Für Landtagspräsident Helmut Mader (ÖVP), lange politischer Weggefährte des Alt-Landeshauptmanns, bleibt Wallnöfer weiterhin "ein Vorbild, an dem ich nicht kratzen lasse". Tirols Grüne fordern erneut eine vom Land finanzierte "ganzheitliche Aufarbeitung" der NS-Zeit. Auch um zu erklären, wieso der Anteil an NSDAP-Mitgliedern in Tirol besonders hoch war. Im Sommer hatten ÖVP und SPÖ einen Grünen-Antrag abgelehnt. Der Sozialhistoriker Wolfgang Meixner meint, vor allem "die Kontinuität bei den Eliten, auch in der Industrie", wäre zu erforschen.

Laut Meixner war Wallnöfer "wohl ein Mitläufer". Das zeige seine NSDAP-Nummer 9566289. Die Nummern bis sechs Millionen waren illegalen Nazis vorbehalten. Die Akte im Berliner Document Center wurde durch Zufall von einem Historiker entdeckt, der anonym bleiben will. Der Leiter des Tiroler Landesarchivs, Richard Schober, informierte die Medien über einen "entlastenden" Polizeibericht in Wallnöfers Wehrstammbuch. Zum 16. 1. 1939 steht darin: "Er machte bei der Führer-Rede nach dem Umbruch feindliche Äußerungen über Partei und Staat". Das werfe aber die Frage auf, so Meixner, wieso er trotz dieser Notiz zwei Jahre später, 1941, die Partei-Mitgliedschaft erhielt, um die er im Juni 1938 angesucht hatte.

Überraschenderweise wurde am Montag im Landesarchiv kein Entnazifizierungsakt Wallnöfers gefunden. Schober hat dafür keine Erklärung. Laut Meixner sei daher zu klären, ob sich Wallnöfer 1946 als ehemaliges Parteimitglied registrieren hat lassen, wie vorgeschrieben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.2.2005)