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Bush: "Europa und die USA werden immer Freunde bleiben."

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In einer Grundsatzrede rief US-Präsident George W. Bush zum Start seines Europabesuchs Montag in Brüssel zu einem Neustart der transatlantischen Beziehungen auf. Nach versöhnlichen Symbolen werden heute auf Gipfeltreffen Konfliktthemen besprochen.

Schon die Ortswahl war ein Zeichen der Versöhnung: Nach den amerikanischen Hohnrufen über das "alte Europa" wählte US-Präsident George W. Bush ein altes europäisches Gebäude für seine Grundsatzrede: Im Brüsseler Concert Noble, einer Halle aus dem 18. Jahrhundert, wandte er sich in alterwürdigem Ambiente an verlesene Gäste. Und rief zum Start seiner Europa-Reise zum Neubeginn in den transatlantischen Beziehungen auf: "Während die Debatten der Vergangenheit verblassen und große Pflichten deutlich werden, lassen Sie uns eine neue Ära der transatlantischen Einheit beginnen."

Während draußen demonstriert wurde, akklamierten im Saal Diplomaten aus allen 25 EU-Staaten Bush-Sätze über die "enge Freundschaft" zwischen Europa und den USA oder beschwörende Formeln des Zusammenhalts: "Keine Kraft der Erde wird uns trennen."

Oder: "Amerika unterstützt ein starkes Europa, weil wir einen starken Partner brauchen." Die Schaffung von Demokratie und Freiheit war das Grundthema, um das sich Bushs 40-minütige Rede rankte.

Assad erwägt nach Bush-Drohung Truppenabzug

Er richtete deutliche Warnungen an Syrien und den Iran. Syrien "muss die Besetzung des Libanon beenden", forderte Bush in einer Rede in Brüssel am Montag.

Die Menschen im Libanon hätten "das Recht, frei zu sein". Syriens Staatschef Bashar al-Assad zeigte sich indes bereit zu einem Abzug der 13.000 Soldaten im Libanon.

Kompromissformeln

Bei den Konfliktpunkten mit Europa bemühte sich Bush um Kompromissformeln, die Gemeinsames vor Trennendes stellten: Beim Iran, dem die USA mit Militärschlägen drohen, während die EU verhandelt, betonte er nicht den unterschiedlichen Weg, sondern das gemeinsame Ziel: "Iran darf keine Atomwaffen entwickeln."

Beim Streitthema Irak strich er den "Weg zur Demokratie" heraus.

Den Konfliktpunkt China, bei dem sich die USA gegen die Aufhebung des Waffenembargos durch die EU sträuben, sparte er aus. Zum Leidwesen der Europäer kam ihm auch kein Wort zum Kyoto-Protokoll über die Lippen. Tacheles wird aber ohnehin erst heute, Dienstag, geredet: Beim EU-USA-Gipfel und beim Nato-Gipfel.

Die EU erwartet Unterstützung für ihre Verhandlungen mit dem Iran. Bush wiederum fordert europäische Hilfe im Irak ein. Die bietet Europa nur bedingt: Die EU-Außenminister beschlossen zwar Montag den Aufbau eines kleinen EU- Büros in Bagdad, es wird aber nur mit fünf Mann besetzt.

Auch 700 Polizisten und Staatsanwälte bildete die EU aus, allerdings nicht im Irak. Ähnlich lautet das Angebot der europäischen Nato-Mitglieder: Es werden sich zwar alle Nato-Staaten an der Ausbildung für Iraker beteiligen, allerdings nicht im Irak selbst.

Dienstag trifft Bush alle EU-Staatschefs, den Montagabend widmete er nur einem: Frankreichs Jacques Chirac.

Tête-à-Tête mit Chirac

Bei dem Abendessen saß Bush einem seiner härtesten Kritiker vis-à-vis – daher waren die diplomatischen Vorbereitungen diffizil. So wurde um die Frage "wer lädt wen ein" gerungen: Chiracs Paris ist nur 90 Minuten entfernt, er wäre in Brüssel eher "Hausherr".

Bush war es aber wichtig, in die Rolle des Gastgebers zu schlüpfen, um die ausgestreckte Hand zu betonen. Daher lud Bush Chirac in die Residenz des US-Botschafters in Brüssel ein – auf amerikanischen Boden. Ob die nach dem Irak-Zerwürfnis in Amerika verschmähten French Fries am Speiseplan standen, ist ungewiss. Auf jeden Fall erlebte Bush keine kulinarischen Überraschungen: Er flog extra Vorkoster aus den USA ein. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2005)