Wenn die Staatengemeinschaft Serbien und Montenegro (SCG) bis Februar 2006 nicht in einen Bund unabhängiger Staaten umgebildet werde, dann werde die montenegrinische Regierung ein Referendum über die Unabhängigkeit der kleinen Adriarepublik ausschreiben. Dies erklärte Montenegros Premier Milo Djukanovic, bei einer der Zukunft des gemeinsamen Staates gewidmeten Konferenz am Wochenende in Belgrad.

Die jetzige Staatengemeinschaft existiere nur auf dem Papier, habe sich als "völlig funktionsunfähig" erwiesen und behindere die europäischen Integrationsprozesse beider Teilrepubliken, sagte Djukanovic. In einem losen "Bund selbstständiger Staaten" sollten die Vertreter Serbiens und des zehnmal kleineren Montenegros nicht direkt gewählt, sondern von den Staatsparlamenten delegiert werden und die Teilrepubliken getrennt EU-Beitrittsverhandlungen aufnehmen.

Podgorica setze sich für eine Kompromisslösung ein, erklärte Djukanovic, doch die serbische Regierung vermeide es fortdauernd, sich mit den akuten Problemen der Staatengemeinschaft und des Kosovo zu konfrontieren. Deshalb hätten sich die zwei Teilrepubliken in den vergangenen zwei Jahren "auseinander gelebt". Der serbische national-konservative Premier Vojislav Kostunica wollte nicht teilnehmen an der Konferenz über die Zukunft der SCG, auf deren Fortbestehen er beharrt.

Die montenegrinische Regierung zeigte sich besorgt über den "wachsenden Nationalismus" in Serbien und die mangelnde Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen, wegen der die USA wirtschaftliche und politische Sanktionen gegen Belgrad verhängt haben. Auf der anderen Seite verblasst auch in Serbien immer mehr die Begeisterung für den unter dem Druck der EU entstandenen gemeinsamen Staat, der verschiedene Währungen, getrennte Märkte und Außenpolitik, separate Bank- und Zollsysteme hat. Serbiens Vizepremier Miroljub Labus sagt, dass man diese "Farce von einem Staat" beenden sollte.

Am 3. März endet jedenfalls die Legislaturperiode des Parlaments der Staatengemeinschaft, ohne dass ein neues gewählt worden ist: Belgrad und Podgorica konnten sich nicht über das Wahlsystem einigen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.2.2005)