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Generalleutnant Edmund Entacher: "Die Weisung für die Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate ist gegeben - und wir setzen sie befehlsgemäß um. Inhaltlich aber bleibt sie nachteilig."

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Die neue Pflicht des Soldaten, auch im Ausland zu kämpfen Im Gespräch mit Conrad Seidl mahnt Generalleutnant Edmund Entacher die Truppe, soldatische Tugenden zu üben: Auch wenn die Reformen für den einen oder anderen Nachteile bringen, entstehe ein professionelleres Heer.

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STANDARD: Herr Generalleutnant, das Bundesheer wird wieder einmal umorganisiert, wie wirkt sich die damit verbundene Verunsicherung auf Sie aus?

Entacher: Erstens einmal: Ich persönlich bin nicht verunsichert, weil ich ja auf die professionelle Vorbereitung aller Reformschritte vertrauen kann. Dass bei Einzelnen in der Truppe Verunsicherungen vorkommen, ist aber nicht verwunderlich - denn die Veränderungen werden viele betreffen. Und die hören jetzt, dass viele Truppenteile aufgelöst und Liegenschaften verkauft werden, wobei sie nicht wissen, ob sie betroffen sind.

STANDARD: Man könnte sie darüber ja informieren?

Entacher: Nein, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht - weil vor allem die Standortfragen noch politisch gelöst werden müssen. Ich kann heute selber noch nicht sagen, welche Standorte aufgegeben werden.

STANDARD: Also weiter Unsicherheit für die Soldaten?

Entacher: Gerade jetzt sind alte militärische Tugenden gefragt: Zusammenhalt und Kameradschaft. Bei all der Kritik der letzten Monate muss man ja sehen, dass Truppenkommandanten und Ausbildner in den meisten Fällen eine ausgezeichnete Leistung erbringen. Auch wenn es einen gewissen Stress bedeutet, dass man dauernd hört: "Bei der Reform wird kein Stein auf dem anderen bleiben." Ich sehe das nicht so dramatisch, weil das ja nicht die erste Reform ist, die das Bundesheer erlebt.

STANDARD: Aber wenn das Bundesheer jetzt stark verkleinert wird, hat das für die Mitarbeiter, für die Soldaten aller Ränge, doch Konsequenzen: Militärische Karrieren, bei denen jemand etwa als Leutnant in sein Heimatbundesland Tirol zur Truppe kommt und im Wesentlichen eine Karriere im Land macht, wo er als Oberst im Militärkommando in Innsbruck in Pension geht, wird es wohl nicht mehr geben?

Entacher: Nicht mehr im heutigen Ausmaß - das muss man den Leuten sagen. Klar ist: Wer gewohnt war, 15 Jahre lang mit dem Fahrrad in die Kaserne zum Dienst zu fahren, wird sich auf Änderungen einstellen müssen.

STANDARD: Mit dem Rückzug des Bundesheeres aus mehreren Standorten geht aber auch eine Rekrutierungsbasis verloren - manche werden dann nicht mehr zum Heer gehen oder sich länger verpflichten?

Entacher: Das wird öfters zutreffen - andererseits können wir den Leuten aber eine interessantere Verwendung bieten: Professionalisierung heißt auch Flexibilisierung. Wenn es künftig einen Beschluss in Brüssel gibt, müssen gegebenenfalls 1500 Mann innerhalb von fünf Tagen abmarschbereit in den Einsatzraum sein, wo immer der auch ist.

STANDARD: Wobei das jeweils vom Auftrag durch die Bundesregierung abhängt.

Entacher: Ja, das kann schnell gehen - wenn die von uns eingemeldeten 1500 Mann angefordert werden und ein UNO-Mandat vorliegt, müssen wir gefasst sein, dass die Regierung uns in Marsch setzt.

STANDARD: Da kann das Bundesheer nicht sagen: Tut uns Leid, das können wir derzeit nicht?

Entacher: Das darf uns nicht passieren. Wobei man sehen muss: In Kompaniegröße können wir das ja derzeit schon sehr gut - wie wir das in Sri Lanka gezeigt haben, bei solchen Dingen sind wir "mit Mann, Ross und Wagen" oft schneller im Einsatzraum als die Nato. Etwas anderes ist es, wenn es um schießende Einsätze geht.

STANDARD: So etwas hat es bisher noch nicht gegeben - "Peace Support" wird in der Diskussion um Petersberg-Aufgaben in Österreich kaum angesprochen . . .

Entacher: Das Trennen von Streitparteien kann durchaus mit Gefechten verbunden sein. Und Österreich hat sich verpflichtet, bis zu einem Jahr lang Truppen auch für solche Aufgaben bereitzustellen.

STANDARD: Wobei sich jeder Soldat entscheiden kann, ob er so einen Einsatz mitmachen will?

Entacher: Hier erreicht die persönliche Freiwilligkeit irgendwann ihre Grenzen. Die Bundesheerreformkommission hat daher empfohlen - was von uns schon lange gewünscht wurde -, dass für Berufssoldaten, die ihre militärische Karriere neu beginnen, die derzeit verfassungsmäßig garantierte Freiwilligkeit bei Auslandseinsätzen abgeschafft wird.

STANDARD: Selbst wenn es dafür sofort eine Zweidrittelmehrheit gäbe, würde es Jahre dauern, bis 1500 Mann rekrutiert sind, die jederzeit irgendwohin auf der Welt befohlen werden können? Entacher: Denen, die jetzt schon beim Heer sind, muss man ein Angebot machen. Ich selber würde natürlich sofort die Freiwilligkeit für meine Person aufgeben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.2.2005)