München - Missbraucht, erstickt, Leiche und in einen Müllcontainer gesteckt: Der Mörder des neunjährigen Peter aus München hat sein Verbrechen von langer Hand geplant. Fast unmittelbar, nachdem der mutmaßliche Wiederholungstäter eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt hatte, war er wieder bereit, für seine pädophile Lust zu töten. Der 28-Jährige gestand, seit Monaten an den Missbrauch des Jungen gedacht zu haben. "Er traf bereits entsprechende Vorbereitungen in den vergangenen Wochen", sagte der Chef der Mordkommission, Harald Pickert, am Sonntag. Dazu gehörten der Kauf von Handschellen und Mülltüten. Die Leiche des Buben war am Freitag entdeckt worden. Der Täter hatte den das Kind am Tag zuvor auf dem Schulweg abgepasst und in seine Wohnung gelockt. Der Tod des Buben hat in Deutschland die Diskussion um ein strengeres Strafrecht bei Sexualdelikten wieder aufleben lassen.

Den Behörden war das Gefahrenpotenzial des psychisch Kranken offenbar bewusst. "Man hat gesehen, dass die Gefahr bestand, dass er sich wieder an Kinder heranmacht", sagte der ermittelnde Münchener Oberstaatsanwalt Peter Boie bei einer Pressekonferenz. Er berichtete von fünf abgebrochenen Therapien des Täters, überforderten Psychologen und unzureichenden Rechtsmitteln, um das krankhafte Verlangen des Mannes unter Kontrolle zu halten. Vor allem die Frage, ob das Münchner Jugendamt das Gewaltverbrechen verhindern hätte können, wird in der Öffentlichkeit heftig diskutiert.

Wiederholungstäter

Medienberichte hatten ans Licht gebracht, dass die Bewährungshelferin des 28-Jährigen das Jugendamt bereits im Januar über mehrere Verstöße gegen die Bewährungsauflagen informierte. Der psychisch kranke Mann ging nicht zu Therapie-Sitzungen und hielt engen Kontakt zu Kindern, vor allem zu Peter. Das Jugendamt wies am Wochenende jedoch jegliche Verantwortung zurück. "Es gab unserer Ansicht nach keinen Anlass zum Eingreifen", sagte Münchens Sozialreferent Friedrich Graffe. Makabres Detail: Für den Tag nach dem Tod des kleinen Peter hatte ein Sozialarbeiter einen Gesprächstermin mit der Mutter vereinbart.

Die Eltern des Opfers waren bereits im vergangenen November über die Vorgeschichte ihres Hausfreundes informiert worden, der häufig zu Besuch kam. "Der Vater des Kindes kennt ihn aus der Strafhaft", sagte Pickert. Mit dem Bekannten, der jetzt zum Mörder seines Sohnes wurde, hatte der Familienvater eine Zeit lang die Zelle geteilt. Die Kaltblütigkeit und Entschlossenheit, mit der der 28-Jährige am Donnerstag handelte, war für Betreuer und Behörden offenbar überraschend - allen Warnungen der vergangenen Monate zum Trotz.

Noch während der Sexualmörder den sich zur Wehr setzenden Buben stundenlang missbrauchte, versuchten dessen Eltern einige Male, ihr Kind auf dem Handy zu erreichen. Wie die Obduktion ergab, erstickte er sein Opfer mit einer über den Kopf gestülpten Plastiktasche. Der Täter versteckte die Kinderleiche in seinem Schrank, suchte die Eltern auf und beteiligte sich scheinbar an der Suche nach dem vermissten Buben. Er telefonierte laut Polizei sogar Krankenhäuser ab, um nach dem Neunjährigen zu fragen. Zurückgekehrt in sein Wohnheim, verging er sich selbst noch an der Leiche des Kindes.

Gerade 16 Jahre alt hatte sich der Täter in einem Schwimmbad an einem Buben vergangen. 1994 dann mordete er zum ersten Mal. In Regensburg stach er 70 Mal auf einen elf Jahre alten Buben ein, nachdem er ihn missbraucht hatte. Nach neuneinhalb Jahren Jugendhaft war der junge Mann erst seit zehn Monaten wieder auf freiem Fuß.

Der neuerliche Mord an einem Kind entfachte die Diskussion über den Umgang mit Sexualverbrechern neu. Bayerns Innenminister Günther Beckstein forderte eine Zwangstherapie für junge Straftäter. "Jugendliche, die eine schwere Straftat begangen haben, sollten in Zukunft dazu verpflichtet werden, sich einer Therapie zu unterziehen", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". Seine Kollegin vom Justizressort, Beate Merk (CSU), bekräftigte die bayerische Forderung nach einer nachträglichen Sicherungsverwahrung für Heranwachsende, die nach Erwachsenen-Strafrecht verurteilt wurden. Peters Mörder war für seinen ersten Mord jedoch nach Jugendstrafrecht verurteilt worden, das eine Sicherungsverwahrung in Deutschland bisher ausschließt. Merk sagte, nun müsse geprüft werden, ob hier eine Rechtslücke besteht. (APA/dpa)