Lyon/Wien - Europa und die EU müssen mit weiterhin steigenden Zahlen bei den Krebserkrankungen rechnen, während die Mortalitätsraten eher stabil bleiben dürften. Nur gezielte und massive Anstrengungen zur Bekämpfung von Lungen-, Dickdarm-, Brust und Magenkrebs könnte diese Entwicklung aufhalten. Dies geht aus den neuesten Berechnungen der Spezialisten am Internationalen Institut für die Erforschung von Krebs in Lyon hervor, die in der Fachzeitschrift "Annals of Oncology" publiziert werden. 2004 gab es in Europa bereits 2,9 Millionen Krebsfälle und 1,7 Millionen Opfer.

Der treibende Faktor hinter der zunehmenden Krebsproblematik - so Univ.-Prof. Dr. Peter Boyle, Chef des Instituts, und Dr. Jacques Ferlay - liegt in der ständigen Zunahme der Lebenserwartung. Je älter Menschen werden, desto häufiger kommt es zu bösartigen Erkrankungen.

Daten

Die wichtigsten Daten, welche die Wissenschafter errechneten: Vergangenes Jahr musste in Europa bei 2,886.800 Menschen eine Krebserkrankung diagnostiziert werden. 54 Prozent davon entfielen auf Männer, 46 Prozent auf Frauen. 1,711.000 Personen starben an bösartigen Erkrankungen. Auch hier waren die Männer mit 56 Prozent zu 44 Prozent (Frauen) überrepräsentiert.

Und das sind die häufigsten Krebserkrankungen in Europa (inklusive der EU-Länder, insgesamt ein Vergleich von 40 Staaten):

  • Lungenkrebs: 381.500 Fälle (13,2 Prozent aller Krebserkrankungen) - 341,800 Todesopfer (20 Prozent aller Krebstodesfälle)

  • Kolorektale Karzinome (Dickdarmkrebs): 376,400 Erkrankungen (13 Prozent) - 203.700 Todesfälle (11,9 Prozent)

  • Brustkrebs: 370.100 Fälle (12,8 Prozent) - 129,900 Opfer (7,6 Prozent)

  • Prostatakrebs: 237,800 Erkrankungen (8,2 Prozent) - 85,200 Tote (5 Prozent)

  • Magenkrebs: 171.000 Fälle (5,9 Prozent) - 137.900 Todesfälle (8,1 Prozent)

    Rauchen

    Ganz deutlich geht aus den Daten hervor, dass Lungenkarzinome - 95 Prozent davon sind auf das Rauchen zurückzuführen - am gefährlichsten sind. Die Autoren der Studie weisen vor allem darauf hin, dass hier die größten Probleme in Osteuropa und zunehmend bei den Frauen vorhanden sind, weil letzterer immer öfter rauchen. Österreich liegt mit einer etwa fünfprozentigen Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann im Laufe seines Lebens an Lungenkrebs erkrankt (Frauen: weniger als zwei Prozent) im unteren Drittel des Schätzungen für die 40 Staaten. An der Spitze liegt Ungarn mit einem Lungenkarzinom-Risiko bei Männern von mehr als zehn Prozent und bei Frauen von fast drei Prozent.

    In der EU wurden im Jahr 2004 laut den Berechnungen 2,060.400 Krebsfälle registriert. An bösartigen Erkrankungen starben 1,161.300 Menschen. Die häufigste bösartige Erkrankung war hier das Prostatakarzinom (196.100 Fälle oder 18,1 Prozent aller Krebsleiden). Dann folgten Lungenkrebs (196,100 Fälle, 17,6 Prozent) und schließlich Darmkrebs mit 149.400 Fällen bzw. einem Anteil von 13,4 Prozent.

    Prioritäten

    Boyle: "Lungen-, Dickdarm und Brustkrebs machen 40 Prozent aller Krebsekrrankungen in Europa, zusammen mit Magenkrebs sind es 50 Prozent. Unsere Schätzungen (...) sollten auch die Prioritäten bei den Anstrengungen zur Kontrolle dieser Erkrankungen klarer machen."

    Vor allem bei Brustkrebs sind in den vergangenen Jahren in Europa deutlich mehr Aktivitäten in der Früherkennung gestartet worden. Doch Boyle kritisierte: "Beim Dickdarmkrebs sind die Fortschritte aber zu langsam." Auch hier könnten mit Früherkennungsuntersuchungen viele Todesfälle verhindert werden. Am wichtigsten wären aber Aktivitäten zur Einschränkung des Rauchens. (APA)