Der gigantischen Flutwelle 1.650 v.Chr. soll - einer umstrittene Theorie zufolge - auch Atlantis zum Opfer gefallen sein. Der Hochgebirgsforscher Gernot Patzelt sieht einen Zusammenhang zwischen dem Tschirgant-Bergsturz im Oberinntal und dem Untergang der minoischen Kultur.

Innsbruck – Den Tschirgant-Bergsturz im Oberinntal, eine prähistorische Megakatastrophe in den Alpen, wird von einem Tiroler Forscher untersucht werden. Der Wissenschafter sieht darin Querverbindungen zum Untergang der minoischen Hochkultur auf Kreta.

Um das Jahr 1.650 v. Chr. rollte eine gigantische Flutwelle durch die Ägäis. Schwere Erdbeben und der Ausbruch des Vulkans auf der Insel Santorin hatten sie ausgelöst. Die Springflut zerstörte die Städte und Paläste der Minoer an der Nordküste von Kreta. Eine umstrittene Theorie geht davon aus, dass die Sage vom Untergang von Atlantis auf diese Katastrophe zurückgeht. Fest steht, dass das Elementarereignis der zuvor blühenden minoischen Hochkultur einen Schlag versetzte, von dem sie sich nie mehr richtig erholte.

Schweres Erdbeben in den Tiroler Alpen

Der Tiroler Hochgebirgsforscher Gernot Patzelt glaubt nun, Zusammenhänge zwischen der apokalyptischen Katastrophe im östlichen Mittelmeer und gewaltigen Bergstürzen in den Alpen herausgefunden zu haben. Patzelt, der vor kurzem in den Ruhestand getretene langjährige Leiter des Instituts für Hochgebirgsforschung an der Universität Innsbruck, beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Tschirgant-Bergsturz.

Der Tschirgant, ein Bergmassiv im Bezirk Imst, war in prähistorischer Zeit von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Ein Felssturz riesigen Ausmaßes war die Folge: Zwei- bis dreihundert Millionen Kubikmeter Gestein brachen los und stürzten in die Tiefe. Die Geröllmassen donnerten rund neun Kilometer weit quer über das Inntal hinweg und verschütteten auf der gegenüberliegenden Talseite die Mündung des Ötztals. Noch heute bedecken die inzwischen überwachsenen Geröllmassen ein Gebiet von rund zehn Quadratkilometern. Auch prähistorische Siedlungen dürften dabei verschüttet worden sein.

Datierung des Tschirgant-Bergsturzes

Gernot Patzelt gelang es nun nach eigenen Angaben, das Elementarereignis in Zusammenarbeit mit anderen Experten zu datieren. In einer von den Felsmassen zerstörten bronzezeitlichen Siedlung bei Ambach im vorderen Ötztal und einer weiteren Feuerstelle im Bergsturzgelände entdeckte er Holzkohlenreste, deren C14-Analyse ein Alter von rund 3.650 Jahren ergab. Für den Forscher ist diese zeitliche Parallele zum dem Vulkanausbruch auf Santorin augenscheinlich: "Es muss nicht unbedingt alles am selben Tag passiert sein. Aber dass die Naturkatastrophen in den Alpen und im östlichen Mittelmeer von den selben tektonischen Aktivitäten ausgelöst wurden, halte ich für durchaus wahrscheinlich.

Unterstützt wird die These durch den Nachweis weiterer großer Bergstürze in den Alpen, die sich laut Patzelt ebenfalls ins 17. Jahrhundert v. Chr. datieren lassen. Der Forscher: "Es gab ähnliche Elementarereignisse am Tiroler Fernpass, am Pletzachkogel bei Kramsach im Unterinntal, am Hintersee bei Berchtesgaden und am Eibsee bei Garmisch." Als nächsten Schritt möchte der Forscher eingehende archäologische Untersuchungen im Tschirgant-Bergsturzgebiet initiieren. (APA)