Sie geht im Morgengrauen joggen, sie hört gern Fado – und sie freut sich über die neue Lissabon-Strategie der EU. Diese Mischung aus Persönlichem, Belanglosem und Politischem steht im Weblog von EU-Kommunikationskommissarin Margot Wallström. Besonders britische User scheinen froh über den Weblog: Sie lassen via Postings mächtig Dampf über die EU ab.

Diese Möglichkeit, mit EU- Kritikern über die EU zu kommunizieren, ist für Wallström ein Teil ihrer Mammutaufgabe: Sie soll die EU näher an die Bürger bringen. "Dafür müssen wir Leute außerhalb der EU-Elite ansprechen. Der Weblog hat in Brüssel für hochgezogene Augenbrauen gesorgt – ist aber absolut notwendig", erzählte Wallström Montag über das Unbehagen, das ihre ersten Kommunikationsschritte ausgelöst haben.

Wenn es nach ihr geht, sollen die Augenbrauen der Brüsseler EU-Elite oben bleiben: Will sie doch als erste Kommissarin, die auf dem "heißen Sessel Kommunikation" sitzt, die PR-Strategie grundlegend umstellen. Dafür hält sie zuallererst einen "Wechsel der Sprache" für notwendig: "Wir reden vom Lissabon-Prozess, von Kopenhagener Kriterien – die Leute könnten glauben, wir sind ein Reisebüro. Niemand versteht, was wir mit unserem Eurosprech meinen." Künftig soll bei jeder EU-Maßnahme dabeistehen: "Warum tun wir das? Was bedeutet das für den Einzelnen?"

Europa-Gesichter Danach müsse es für jede EU-Richtlinie repräsentative Köpfe geben, die für die Maßnahme eintreten. Nur so könne die EU "Gesichter" bekommen, in der Form der zuständigen Kommissare. Diese Multiplikatoren sollen neue Maßnahmen auch in den EU-Staaten verkaufen. Unter anderem dafür will Wallström die Zusammenarbeit mit den EU-Kommissionsbüros in den Mitgliedstaaten intensivieren: "Wir brauchen lokale Vernetzung der EU. Die Länderbüros wissen am besten, was im Mitgliedstaat interessiert."

Dafür müssten sich die Mitgliedstaaten mehr als Teil der EU begreifen und sich nicht an Brüssel abputzen. Um in den Staaten mehr Debatten über die EU zu fördern, plant Wallström auch Diskussionen nach dem "Volkshochschul-Modell", bei denen Europa- Themen nahe gebracht werden. Das soll aber keine einseitige Kommunikation sein, denn Wallström ist eines wichtig: "Die EU muss zuhören lernen. Dafür brauchen wir solche Treffpunkte." Mit solchen kleinen Schritten will Wallström das Bild der bürokratischen und weit entfernten EU ändern. Die Schwierigkeiten sind ihr bewusst: "Manche nennen meinen Job eine ,mission impossible‘. Ich nenne ihn eine ,mission irresistable‘ – wir können nicht so weitermachen wie bisher." (DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2005)