Derzeit reden alle von Bildung, von Reformbedarf, von Ganztagsschulen, ganztägigen Betreuungsformen, Gesamtschule, Zweidrittelmehrheit oder deren Aufgabe. Das ist gut und notwendig. Die Ergebnisse der Pisastudie zwingen zu Reformen.

Ich will heute nur einen Blick auf die Frage werfen, ob die Zweidrittelmehrheit, die heute für die meisten Schulgesetze im Nationalrat notwendig ist, nicht wirklich aufgegeben werden sollte.

Es war immer wieder mal so, dass die eine große Partei von Zeit zu Zeit bereit gewesen wäre, diese besondere Mehrheit für Schulgesetze aufzugeben. Da war dann meist die andere nicht dazu bereit. Und ich erinnere mich noch gut, dass ich – damals Beamtenstaatssekretär – mit dem damaligen Unterrichtsminister und Vizekanzler Busek vor zehn Jahren unter vier Augen vereinbart habe, dass wir beide in unseren Fraktionen versuchen wollten, diesen Anachronismus aufzugeben. Wir mussten uns allerdings nach einigen Tagen gegenseitig eingestehen, dass beide Seiten dazu nicht bereit waren.

Das öffentliche Argument gegen die Aufgabe der Zweidrittelmehrheit war jeweils, dass Bildung ein so wichtiges Thema sei, dass dort auch breiter Konsens gesucht werden sollte. Und daher könne man nicht... Das unöffentliche Argument war jeweils, dass man dann im Falle des Falles nichts mehr mit zu reden hätte bei den Schulgesetzen und in den Landesschulbehörden.

Jetzt ist’s wieder mal so weit. Die SPÖ, obwohl in Opposition, ist bereit, ihre Sperrminorität für Schulgesetze aufzugeben zugunsten von Gestaltungsmöglichkeiten für die jeweilige Regierung. Jetzt für Schwarz-Blau. Zweifellos werden nicht alle "eigenen" diesen Vorstoß bejubeln. Und doch ist er ein Schritt zur Erwachsenheit in der Demokratie. Denn reif wäre unsere Demokratie dann, wenn die jeweilige Mehrheit ihr Programm auch tatsächlich umsetzen kann und in den als besonders sensibel geltenden Bereichen eben auch sensibel vorginge. Aufgrund eigener Einsicht und Verantwortung. Die Bevölkerung hätte dann die Wahl: das Vorgehen der Regierungsmehrheit zu billigen oder eine Alternative zu wählen. Die Ausrede, man hätte ohnehin gewollt, aber die anderen hätten einen nicht gelassen, fiele weg. Die ist daher: Reicht die Bildung nun zur demokratischen Reife?