Der Druck aus den USA auf die Vereinten Nationen steigt massiv. Ein Ausschuss des US-Kongresses plant, die gesamte UNO und ihre Agenturen auf Missmanagement und mögliche Korruption zu durchleuchten. Bislang untersuchte das Komitee für Internationale Beziehungen des US-Repräsentantenhauses nur das milliardenschwere Öl-für-Lebensmittel-Programm der UNO.

Der Ausschuss forderte laut US-Medien UNO-Generalsekretär Kofi Annan auf, Unterlagen zur Buchführung der Vereinten Nationen und aller ihrer Agenturen bereitzustellen. Der Vorsitzende des Ausschusses, Henry Hyde, ein Parteifreund von US-Präsident George W. Bush, prangerte in einem Brief an Kofi Annan mögliche Verfehlungen im gesamten System an: "Wir glauben, dass ein größeres Korruptions- und Missmanagementproblem in der UNO existieren könnte."

Hyde bezieht sich auch auf einen Fall von Unterschlagung in der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), einer UN-Sonderorganisation in Genf. Ein WMO-Angestellter soll drei Millionen US-Dollar (2,3 Mio. Euro) in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Beobachter betonen, dass Fälle von Misswirtschaft und Korruption auch in anderen UN-Einrichtungen zu finden seien. "Das lässt sich in großen Bürokratien kaum ausschließen", sagte ein Funktionär zum STANDARD.

Die geplanten Durchleuchtungen kommen für Annan in einer heiklen Phase. Vergangene Woche hatte eine unabhängige Kommission schwere Regelbrüche in dem für den Irak ins Leben gerufene Öl-für-Lebensmittel-Programm dokumentiert.

Enthüllungen über Misswirtschaft in anderen UNO-Einrichtungen könnten das angespannte Verhältnis mit den USA weiter belasten. Die Vereinigten Staaten stellen als größter Beitragszahler immerhin 22 Prozent des UNO-Budgets. Die Höhe der amerikanischen Beiträge wurden bereits öfter hinterfragt. (Jan Dirk/DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.2.2005)