Wien - Die österreichischen Nettomieten sind in den vergangenen beiden Jahren mehr als doppelt so schnell geklettert wie die allgemeine Teuerungsrate und werden in den kommenden Jahren weiter überproportional steigen.

Das prognostizierte die Arbeiterkammer (AK) bei der Vorstellung einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie am Donnerstag. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass jedes Jahr weniger neue Wohnungen gebaut werden als es Neubedarf gebe "und dass es keine wirksamen Mietobergrenzen gibt - und solche derzeit auch nicht absehbar sind.

Deshalb glaube ich, dass die Mieten im privaten Wohnungssegment weiter zulegen werden", warnte AK-Wohnrechtsexperte Franz Köppl.

Mieten um 7,8 Prozent gestiegen

In den Jahren 2003 und 2004 haben die allgemeinen Verbraucherpreise um zusammen 3,4 Prozentpunkte, die Mieten aber um zusammen 7,8 Prozentpunkte angezogen - Tendenz steigend.

Allein im Dezember 2004 sei der Nettomietindex im Jahresabstand um fast 10 Prozent gestiegen, so Köppl. "Die Regierung hat bei ihrem Amtsantritt versprochen, die Mieten zu senken, das Gegenteil ist eingetreten", resümierte die stellvertretende Direktorin der AK Wien, Johanna Ettl.

Ettl und Köppl stellten eine beim finanzwissenschaftlichen Institut der TU Wien in Auftrag gegebene Studie vor, die die Auswirkungen der Wohnbauförderung und des 1994 eingeführten, so genannten Richtwertsystems auf die Miethöhe untersucht.

Wohnbauförderung dämpft Teuerung

Ein Hauptergebnis: Die Wohnbauförderung der öffentlichen Hand - insgesamt etwa 2,4 Mrd. Euro pro Jahr - dämpfte in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten den Auftrieb der Wohnkosten.

Würden die Subventionen nur um ein Viertel gekürzt, würden die Mieten im "marktnahen Bereich" um jährlich 6,5 Prozent (nominell) steigen.

Wohnpolitisch brisanter sind die Erkenntnisse aus der Analyse des 1994 eingeführten so genannten Richtwertsystems mit seinen Mietzuschlägen.

Richtwertmieten seien '"zumindest als marktnahe Mieten, wahrscheinlich aber sogar als Marktmieten zu qualifizieren", urteilen die Autoren der TU-Studie, Wolfgang Blaas und Robert Wieser. "Zur Eindämmung der Mieten scheint das Richtwertsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung (...) nicht geeignet."

Richtwertsystem sorgt für höhere Mieten

Das (von einer rot-schwarzen Koalition eingeführte) Richtwertsystem ohne Obergrenzen habe die Mieterhöhungen im privaten Bereich (nicht Genossenschaften oder Gemeindewohnungen) eher noch angeheizt, heißt es in der Studie. Diese Einschätzung bezieht sich auf rund 650.000 Wohnungen, knapp die Hälfte aller österreichischen Hauptmietwohnungen.

Ettl und Köppl erneuerten die Forderung der AK nach der Einführung von Mietzinsbegrenzungen für den privaten Wohnungsmarkt. Die Wohnbauförderungsmittel (inklusive der Rückflüsse aus den aushaftenden Darlehen) sollten zweckgebunden und an die jährliche Inflationsrate angepasst werden, fordert die AK.

Wohnbauförderung für Koralmtunnel

Die Wohnbauförderung war im Finanzausgleich im vergangenen Herbst zwar prinzipiell für weitere vier Jahre gesichert worden - die Zweckwidmung der Subventionen wurde jedoch auf Infrastruktur und Umweltzwecke erweitert. Mit dieser Bestimmung könne man mit den Wohnbauförderungen "auch den Koralmtunnel bauen", wird befürchtet.

Mehrfach verwiesen hat die Arbeiterkammer am Donnerstag auf die jüngsten Ergebnisse einer Analyse der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). In der Studie wird ein jährlicher Bedarf von 46.000 neuen Wohnungen errechnet - aktuell gebaut werden aber nur etwa 40.000. (APA)