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Viel Raum für Erklärungen: An einem runden Tisch verlasen Israels Premier Sharon (li.) und Palästinenserpräsident Abbas (re.) ihr Angebot zur Waffenruhe. Ägyptens Präsident Mubarak und Jordaniens König Abdullah hörten zu.

Foto: Reuters/Elias
Nach mehr als vier Jahren täglicher Gewalt sollen die Waffen im Nahen Osten schweigen. Mit ernsten Mienen erklärten der israelische Regierungschef Ariel Sharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Dienstag ihren Weg zu einem Ende des Blutvergießens. Eine Waffenruhe und eine Gefangenenfreilassung sollen das Tor zu neuen Verhandlungen aufstoßen. "Die Aufgabe ist sehr groß, aber unsere Hoffnungen sind größer", sagte der Gastgeber des Gipfeltreffens, der ägyptische Präsident Hosni Mubarak, im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh.

Denn obwohl die Erklärungen den im September 2000 begonnenen Palästinenseraufstand (Intifada) und die israelischen Militäreinsätze in den besetzten Gebieten zunächst für beendet erklären, liegen gefährliche Wegkreuzungen vor den Konfliktparteien. In der Vergangenheit haben Anschläge oder die gezielte Tötung militanter Palästinenser noch jede Friedensstrategie zu Fall gebracht.

"Eine neue Zeit"

Die radikalislamische Hamas ging umgehend auf Distanz zu der von Abbas vereinbarten Waffenruhe. Dennoch markiere das Treffen in Ägypten den Beginn einer neuen Zeit, betonten Israelis und Palästinenser einhellig. "Von heute an schlagen wir Brücken über die Gegensätze hinweg", sagte Abbas, der einen Monat zuvor zum Nachfolger von Yassir Arafat gewählt worden war. Israelische Regierungsvertreter sagen, der Tod Arafats habe Veränderungen erst möglich gemacht. Es könne nun eine Zeit der Hoffnung beginnen, sagte Sharon. Und: "Wir haben vereinbart, dass die Palästinenser alle Akte der Gewalt gegen Israelis stoppen, Israel wird alle seine Militäreinsätze gegen Palästinenser beenden."

Diese Worte lassen beiden Seiten weniger Spielraum als frühere Erklärungen. Bei der geforderten Kontrolle militanter Gruppen kann es Abbas nur nützlich sein, dass die Initiative zu dem Gipfeltreffen von arabischen Nachbarländern ausging. Auf gleicher Augenhöhe konnte er sich mit Sharon treffen, wobei Mubarak und der jordanische König Abdullah II. Unterstützung leisteten.

Jordanien ist nach Angaben von Diplomaten bemüht, auch Syrien einzubinden. Zudem wollen Amman und Kairo ihre Botschafter wieder nach Israel schicken. Jordanien bereitet zudem die Entsendung einer neuen, aus Palästinensern gebildeten Sicherheitstruppe in das Westjordanland vor. Dafür sind nach jordanischen Angaben bereits 2000 Mann rekrutiert worden. Für Israel dreht sich in dem Konflikt mit den Palästinensern alles um Sicherheit und die Auflösung militanter Gruppierungen.

Die Palästinenser erwarten dagegen schnelle und gerechte Zugeständnisse und die Möglichkeit, einen eigenen Staat zu gründen. Die neue Palästinenserführung hat unter Abbas Verhandlungen als einzigen Weg zu diesem Ziel erklärt, während Sharon die Israelis von Ägypten aus auf schmerzliche Zugeständnisse einstimmte. Beide Seiten müssten von unrealistischen Träumen Abschied nehmen, sagte er. "Frieden ist machbar", meinte der palästinensische Unterhändler Saeeb Erekat.

Einladung auf die Farm

Sharon lud die drei anderen Gipfelteilnehmer zu einem Besuch ein. Nach israelischen Medienberichten nahm Abbas eine Einladung auf Sharons Farm in der Negev-Wüste bereits an. Basis von Fortschritten bei neuen Friedensgesprächen, so meinte Abbas, müsse der internationale Friedensplan des Nahostquartetts - die "Roadmap - sein.

Der Einspruch der Hamas ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Die Waffenruhe verpflichte nur die palästinensische Autonomiebehörde, erklärte ein Sprecher der radikalen Palästinenserorganisation in Gaza-Stadt. "Sie (die Ankündigung, Anm.) drückt nicht die Haltung der palästinensischen Bewegungen aus." Man werde die Ruhe nur dann einhalten, wenn Israel sich zur Freilassung aller etwa 8000 palästinensischen Häftlinge verpflichte. "Die Position der Hamas ist immer noch klar: Man kann dem zionistischen Feind ohne eine echte Gegenleistung keine Waffenruhe anbieten", sagte Mushir el Masri. (dpa, DER STANDARD, Carsten Hoffmann, Printausgabe, 9.2.2005)