Der Integrationsvertrag ist gescheitert. Verwunderlich ist das nicht. Die Idee, verpflichtende Sprachkurse für Ausländer einzuführen, richtete sich vor allem ans Stammtischpublikum - und nicht an die Realität der Integrationspolitik. Selten zerschellte politischer Populismus so umfassend an der Wirklichkeit: Nur gezählte 825 der 34.000 Neuzuwanderer absolvierten die Deutschkurse im ersten Halbjahr 2004.

Die Maßnahme ist also verfehlt - der dahinter stehende Anspruch des Spracherwerbs als erster Schritt des Zusammenlebens ist es nicht. Eine alternde Gesellschaft, wie es die europäische ist, muss sich der Frage stellen, wie man Fremde anlockt und bindet. Mit dem Grünbuch Migration hat die EU-Kommission unlängst einen Denkanstoß in Richtung gezielte Migration gesetzt, zum Thema Integration gibt es derzeit nur Empfehlungen. Noch müssen die Mitgliedstaaten isoliert an einer Politik für die Post-Multikulti-Ära basteln. Die niederländische Regierung strebt gerade einen "Grundkurs Niederlande" inklusive Examen an, die Deutschen debattierten über ihre "Leitkultur" - und Österreich doktert am "Integrationsvertrag" herum.

Vor allem im deutschsprachigen Raum dominiert der Ansatz, dass der Fremde domestizierbar sein muss - notfalls über einen Vertrag, klingt ja verbindlich. Integration funktioniert aber nicht mechanisch, sondern ist ein fein austariertes Spiel von Angebot und Nachfrage. Vor allem zugewanderte Frauen und ihre Kinder sind eher über niedrigschwellige, unpolitische Angebote zu gewinnen als über staatliche Zwangsmaßnahmen.

Dazu braucht es aber auch den entsprechenden ideologischen Überbau, und an diesem fehlt es. Hier könnte Innenministerin Liese Prokop einmal wahren Populismus beweisen, in dem sie ausspricht, was ohnehin schon längst Faktum ist: Österreich ist ein Einwanderungsland und begrüßt Fremde - mit allen Rechten, aber eben auch Pflichten. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.2.2005)