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"Österreich ist frei!"

"Nach dem Staatsakt im Marmorsaal des Schlosses trat Leopold Figl mit dem lange ersehnten Dokument in Händen auf den Balkon und rief der im Park jubelnden Menge zu: 'Österreich ist frei!'", schildert das offizielle Jubiläumsjahr-Heft "Österreich 2005. Ein Gedankenjahr" des Bundespressedienstes. Und nicht nur ein Teil des offiziellen Österreichs, auch ein großer Prozentsatz der Bevölkerung hält diese Szene für ein historisches Faktum.

Nur: So war es nicht.

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Eine nette Legende

Dass Figl die Worte "Österreich ist frei" am Balkon des Belvedere mit dem Staatsvertrag in Händen gesprochen haben soll, "ist zwar nett, aber eine Legende", meint der Sozialhistoriker Ernst Bruckmüller. Denn der damalige Außenminister Figl hat diese Worte entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht am Balkon gesprochen.

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Im Marmorsaal des Belvedere

Sie fielen im Marmorsaal des Belvedere, dem Ort der Staatsvertrags-Unterzeichnung am 15. Mai 1955. "Mit dem Dank an den Allmächtigen wollen wir die Unterschrift setzen und mit Freude rufen wir aus: Österreich ist frei!", sagte Figl, bevor er und die Außenminister der vier Alliierten den Vertrag am Balkon präsentierten. Der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw Molotow übrigens warf von dort "Kusshändchen", weiß das APA-Archiv.

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Profanes Thema

Zu seinem historischen Satz kam Figl in seiner Rede übrigens von einem aus heutiger Sicht eher profanen Thema. In der richtigen Abfolge klangen die Sätze so: "Und es zeigt die große Tradition der österreichischen Handwerkskunst, dass dieselbe Firma, die bereits die Verträge des Wiener Kongresses 1815 gebunden hat, auch heute dieses neue Vertragswerk handwerklich ausgestaltet hat. Mit dem Dank an den Allmächtigen wollen wir die Unterschrift setzen und mit Freude rufen wir aus: Österreich ist frei!"

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Künstlerische Freiheit

Nicht ganz geschichtsgetreu ist auch das offizielle Staatsvertrags-Gemälde von Robert Fuchs, das heute im Bundeskanzleramt hängt. Fuchs hat sich die "künstlerische Freiheit" genommen, "einige Personen mehr zu diesem Staatsakt hinzuzumalen", schildert der wissenschaftliche Leiter der Ausstellung "Das neue Österreich" (16. Mai bis 1. November) im Oberen Belvedere, Günter Düriegl. Die Hinzugekommenen hatten zwar "mit dem Staatsakt etwas zu tun, aber waren nicht anwesend".

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Freundschaftsdienst

So habe etwa der damalige Präsidialchef im Bundeskanzleramt, Eduard Chaloupka, zwei seiner Freunde hinzumalen lassen, weiß Verena Traeger vom Ausstellungsbüro "Das Neue Österreich". Chaloupka selber ist auf dem Fuchs-Bild hinter Figl zu sehen und hat "seine beiden Freunde Dr. Fichtenthal und Dr. Schaginger" hinzufügen lassen, die just zu diesem Datum verhindert waren, so Traeger.

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Kirchschläger auf die "hinteren Ränge" verwiesen

Auch wer wirklich dort war und einen (zu) guten Platz ergatterte, war seiner Position auf dem Gemälde nicht sicher: Der zwar wesentlich in die Vorarbeiten zum Staatsvertrag eingebundene, aber mit seinen knapp 40 Jahren für seine prominente Position "wohl zu junge" (Traeger) spätere Bundespräsident Rudolf Kirchschläger etwa stand bei der Unterzeichnung direkt hinter dem britischen Außenminister Harold Macmillan. Auf dem Gemälde wurde er jedoch "auf einem weniger attraktiven Platz" gemalt.

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Staatsleute statt Journalisten

Auf der linken Seite des Gemäldes hat Fuchs überhaupt freihändig die Anwesenden verteilen können: Ursprünglich war dieser Platz von den anwesenden Journalisten bevölkert gewesen, so Traeger. "Alle, die dort zu sehen sind, sind nicht wirklich dort gestanden".

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Zu moderne Skizzen

Auch ein Plätzerücken bei den Malern des offiziellen Unterzeichnungs-Bildes hatte es gegeben. Ursprünglich hätte dieses von Sergius Pauser (1896 bis 1970), damals Professor für Porträtmalerei an der Akademie der Bildenden Künste, gemalt werden sollen. Pausers Skizzen seien jedoch für den Geschmack von Bundeskanzler Julius Raab "zu modern" gewesen, woraufhin der offizielle Auftrag "von höchster Stelle an den Leibmaler Raabs", Fuchs, übergeben worden sei. (APA/Red)

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