Nach den Privatisierungsplänen der schwarz-blauen Bundesregierung kommen ab dem Sommer der restlichen 25-Prozent-Anteil der Republik an der Telekom Austria (TA) unter den Hammer. Je nach Interessenlage befürworten oder befürchten Kapitalmarktinsider, ohne sich in der politisch überaus heiklen Frage namentlich zitieren lassen zu wollen, eine rasche, weil anlassbezogene Änderung des seit 1999 geltenden Übernahmerechts. Der "offizielle" Anlassfall, die Probleme der Böhler-Uddeholm-Investorengruppe rund um den Wirtschaftsanwalt Rudolf Fries nach dem Rückzug der Verstaatlichtenholding ÖIAG, sei nur vorgeschoben, um vom Telekom-Fall abzulenken, sagen die Kritiker.

Die Kontrolle

Zieht sich die ÖIAG also wie geplant aus der Telekom zurück, würde der neue 25-Prozent-TA-Großaktionär nach derzeitigem Übernahmerecht - in Ermangelung anderer Großaktionäre - mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kontrolle über den Exmonopolisten erlangen. Ein verpflichtendes, exakt viermal so teures Übernahmeangebot an alle anderen Aktionäre wäre die kaum abzuwendende Folge.

Das staatliche Telekom-Paket, gehalten von der ÖIAG, repräsentiert derzeit an der Wiener Börse den stattlichen Wert von rund 1,86 Milliarden Euro. Die derzeit wohl aussichtsreichste Gruppe für das Telekom-Viertel der Republik hat beste Politkontakte. Der umtriebige Investor und Kanzlervertraute Martin Schlaff, Ex-ÖVP-Obmann Josef Tauss sowie Ex-Länderbankchef Herbert Cordt wollen den ÖIAG-Telekom-Anteil haben. Für 100 Prozent der Aktien müssten sie jedoch stolze 7,45 Milliarden Euro hinblättern.

Praxisgerechte Lösung

Eine Änderung des Übernahmegesetzes wird derzeit in einer Arbeitsgruppe im Justizministerium intensiv diskutiert. FP-Justizministerin Karin Miklautsch hat bereits öffentlich durchblicken lassen, dass sie für "praxisgerechte Lösungen" im neuen Übernahmegesetz eintritt. Und die Industriellenvereinigung (IV), als treibende Kraft hinter der Novellierung des Übernahmerechtes, hat längst deponiert, was sie unter einer praxisgerechten Lösung versteht.

Die Schwelle, ab der ein Investor künftig zu einem Übernahmeangebot verpflichtet werden kann, müsse "rein quantitativ" bei 30 Prozent liegen. Hinter der Formulierung "rein quantitativ" verbirgt sich, dass nach Industrie-Wunsch jenen Investoren, die weniger als 30 Prozent halten, kein Totalübernahmeangebot verpflichtend vorgeschrieben werden kann.

Bisher galt dieser entscheidende Umkehrschluss nämlich nicht, weil die Übernahmekommission nicht rein quantitativ, also formal entscheidet, sondern, wie die Behörden im Steuer- und Kartellrecht auch, eine Betrachtung nach wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit vornimmt.

Alles erst ab 30 Prozent

Folgerichtig kann derzeit auch einem Investor mit lediglich 25 Prozent aller Aktien die Kontrolle über einen Konzern attestiert werden und dies kann ein verpflichtendes Übernahmeangebot auslösen. Nach IV-Vorstellungen sollen daher die unter 30 Prozent anzuwendenden "Vermutungstatbestände" - z. B. 25 Prozent einer Gesellschaft, aber in drei aufeinander folgenden Hauptversammlungen die Stimmrechtsmehrheit - ersatzlos gestrichen werden.

Dagegen regt sich jetzt Widerstand, seitens der Kleinaktionärsschützer rund um Wilhelm Rasinger, aber auch in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Hanspeter Hanreich, Leiter der WKÖ-Rechtspolitik, sagt: "Die Kontrollschwelle von 30 Prozent kann man auf keinen Fall rein formal sehen. Es gibt Fälle, da hat ein Investor ganz unstrittig auch unter 30 Prozent die Kontrolle über einen Konzern. Die Vermutungstatbestände sollten aus unserer Sicht bleiben."(Michael Bachner/DER STANDARD, Printausgabe vom 5./6.2.2005)